FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021

Wie gehen Sie stattdessen vor? Wir schauen zuerst auf das Unternehmen, dessen Qualität. Die Dividende folgt stets der ökonomischen Entwicklung eines Unternehmens – und nicht umgekehrt. Anders ausgedrückt: Ein Unternehmen muss sich die Dividende auch leisten kön- nen – dauerhaft leisten und idealerweise im Zeitverlauf anheben können. Wer nur auf hohe Dividendenrenditen schaut oder mit Mindestausschüttungen kalkuliert, lan- det häufig in eher schwierigen Sektoren. Warum? Qualität kostet. In einer Welt ohne Zinsen sind die Bewertungen höher. Und mit den höheren Bewertungen sinkt gleichzeitig die Dividendenrendite. Wenn Investoren zu hohe Einstandsrenditen fordern, sind sie schnell bei Banken, Versorgern, Telekom- munikation oder Grundstoffen. Dort fin- den sie zwar hohe Ausschüttungen. Viele der Unternehmen erwirtschaften aber eine relativ niedrige Rendite auf das eingesetzte Kapital – sie generieren über einen Zyklus hinweg schlicht zu wenig Wert. Welche Kriterien legen Sie stattdessen an? Wir schauen, ob ein Unternehmen eine hohe Rendite auf das eingesetzte Kapital erwirtschaftet und ob diese durch einen Schutzwall geschützt wird. Wichtig ist auch, eine Vorstellung davon zu haben, was bei einem Unternehmen alles schiefgehen kann. Wie krisenresistent ist es – wie stabil sind seine Gewinne, und wie stark ist seine Bilanz? Schlussendlich geht es uns um die Qualität des Unternehmens. Wie ermitteln Sie, ob eine Firma einen aus- reichenden Schutzwall aufgebaut hat? Wir stellen uns Fragen wie: Worauf genau beruht der Schutzwall? Ist es etwa eine star- ke Marke, wie beispielsweise im Konsum- güterbereich bei L’Oréal und Nike? Oder ein Netzwerkeffekt wie bei der chinesi- schen Social-Media-Plattform Wechat von Tencent? Wir suchen Unternehmen, die ihr Schicksal weitgehend selbst bestimmen können. Vorsichtig sind wir dagegen bei Firmen, deren Rendite stark von externen Preiseinflüssen abhängt – etwa den Preisen für Rohstoffe. Das ist wie mit einem Korken, der imOzean schwimmt. Er steigt und sinkt mit den Wellen. Aber es ist schwierig zu beurteilen, wie hoch er steigt oder wie tief er sinkt. Menschen können von Netzwerken abwan- dern. Der Facebook-Nachrichtendienst Whatsapp etwa verärgerte Nutzer mit sei- nen geänderten Datenschutzbedingungen. Ja, das ist möglich. Jemand anders kann ein anderes Netzwerk aufbauen und ein beste- hendes ersetzen. Doch das ist schwierig. Denn der Neuling muss eine kritische Masse erreichen. Die Menschen müssen dem Anbieter vertrauen und das neue Netzwerk letztlich auch nutzen. Welche Kennzahlen betrachten Sie denn im Detail? Kapitalrendite, Gewinnstabilität und Bi- lanzkennzahlen nannte ich bereits. Zudem haben wir ein eigenes Dividendenrating entwickelt. Dieses ruht auf drei Säulen: der Dividendenhöhe, der Dividendensicherheit und dem Steigerungspotenzial. Die Höhe der Ausschüttung ist bei uns also nur eines von drei Elementen. Die beiden anderen nehmen sogar etwas mehr Gewicht ein. Denn: Das Dividendenwachstum von morgen ist wichtiger als die Dividenden- höhe von heute. Dafür nehmen wir eine etwas niedrigere aktuelle Dividendenren- dite in Kauf. Ihr Fonds investiert weltweit. Wie spüren Sie Konzerne auf, die in Ihr Konzept passen könnten? Wir verfolgen zwei Herangehensweisen: erstens ein quantitatives Screening mit Fokus auf hohe Kapitalrenditen. Zweitens lesen wir viel und verfolgen aufmerksam unser Umfeld. Wir beobachten in der Familie, bei Freunden oder bei Fremden auf der Straße, welche Produkte sie benut- zen. Daraufhin schauen wir uns die da- hinter stehenden Unternehmen an. Oft führen beide Wege zu demselben Ergebnis. Regelmäßige Einkünfte sind gefragt. Da greifen viele Investoren zu dividenden- starken Aktien. Finden Sie überhaupt Titel zu attraktiven Preisen? Die Bewertung berücksichtigen wir natür- lich auch. Aber die Qualität steht klar im Vordergrund. Denn die Wertgenerierung entspringt letztlich dem profitablen Wachs- tum.Wenn ich ein Unternehmen habe, das über lange Zeit profitabel wächst, kann sich ein Aktienkurs, der heute hoch er- scheint, in zehn oder 15 Jahren rück- blickend als niedrig erweisen. Zudem ist im derzeitigen Niedrigzinsumfeld klar, dass die zukünftigen Gewinne höher bewertet werden. Beim Vergleich von Aktienbewer- tungen zu Anleihenrenditen sehe ich keine Übertreibungen. Die zehnjährige Bundes- anleihe wirft minus 0,3 Prozent Rendite ab, entsprechende US-Treasuries 1,3 Prozent – ohne Inflationsschutz und ohne Chan- cen auf Wachstum. Damit verglichen er- scheinen die meisten Aktien günstig. In welche Unternehmensgrößen investie- ren Sie? Im Prinzip sind wir im Large- und Mega- Cap-Bereich unterwegs. Regulär unter- schreitet unser Haus nicht mehr die Gren- ze einer Marktkapitalisierung von zehn Milliarden Euro, aber es gibt Ausnahmen. Der Fonds ist mit rund 430 Millionen Euro Volumen noch recht klein. Wir kön- nen daher Aktien mit geringerer Markt- » Das Dividenden- wachstum von morgen ist wichtiger als die Divi- dendenhöhe von heute. « Ludwig Palm, Flossbach von Storch FOTO: © FLOSSBACH VON STORCH fondsprofessionell.de 1/2021 121

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=