FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021

Berührungspunkten ein immer größeres Problem.“ Eine Rückkehr zu Verhältnissen wie vor der Pandemie halten Branchenkenner für nahezu ausgeschlossen. „Die Verlagerung auf digitale Kanäle lässt sich nicht zurück- drehen“, betont Thorsten Brackert, Partner bei BCG. „ImGegenteil: Wenn die etablier- ten Institute es nicht schaffen, ein wirklich nutzerfreundliches und innovatives Digital- angebot auf die Beine zu stellen, wechseln die Kunden zu Wettbewerbern, die das besser können.“ Comeback ausgeschlossen Die Banken reagieren mit Filialschlie- ßungen auf diesen Wandel. Die Commerz- bank etwa, die ihr dichtes Filialnetz anpries und als Säule des Geschäfts auslobte, setzt nun zum Kahlschlag an. Deutsche Bank sowie Sparkassen und Genossenschafts- banken haben dies schon vorgemacht. Einige der pandemiebedingt geschlossenen Schalter bleiben nun dauerhaft zu. Hinzu kommen längerfristige Belastun- gen durch die Pandemie. „Der Banken- sektor hat sich in der Krise als erstaunlich robust erwiesen. Er begleitete die Realwirt- schaft, etwa durch die Auszah- lung der staatlichen Hilfen, gut durch die Krise“, sagt Philipp Koch, Seniorpartner der Unter- nehmensberatung McKinsey. „Doch jetzt stehen die Banken durch die drohenden Kredit- ausfälle vor enormen Heraus- forderungen.“ In einer Analyse des glo- balen Kreditgewerbes kom- men die Branchenkenner von McKinsey zu einem ernüch- ternden Fazit. Bis 2024 könn- ten den Banken 3,7 Billionen US-Dollar an Erträgen verlo- ren gehen. Das seien die ge- samten Erträge der Geldhäuser eines halben Jahres. Die Eigen- kapitalrendite könnte durch die erwarteten Kreditausfälle in diesem Jahr im Schnitt auf lediglich 1,5 Prozent sinken. 2019 bezifferte sie sich noch auf 8,9 Pro- zent. Für 2020 rechnen die Experten mit durchschnittlich 4,9 Prozent. Die Auswirkungen von Corona – forcier- te Digitalisierung, Absatzflaute und drohen- de Kreditausfälle – treffen auf eine ohnehin schon desolate Ertragslage der Banken, zumindest in Europa und besonders in Deutschland. Bereits vor der Pandemie gin- gen etwa im deutschen Privatkunden- geschäft die Erträge kontinuierlich zurück, so die BCG-Studie. Sie schwanden seit 2014 um gut ein Prozent pro Jahr auf rund 46 Milliarden Euro im Jahr 2019. Fluch und Segen Besser sieht es bislang zwar im Firmen- kundengeschäft aus, aber auch hier kann Corona für einen deutlichen Dämpfer sor- gen. „Das Kreditgeschäft ist für die Banken momentan Fluch und Segen zugleich“, sagt Christian Graf, Partner der Unternehmens- beratung Bain & Company. „Zum einen profitieren die Geldhäuser von der dyna- misch wachsenden Kreditnachfrage seitens der Firmenkunden. Doch zum anderen laufen sie Gefahr, dass Unternehmen be- dingt durch die Coronakrise ihre Kredite nicht fristgerecht bedienen können.“Wegen der ausgesetz- ten Insolvenzantragspflicht sei noch nicht absehbar, wann es in welchen Branchen häufiger zur Zahlungsunfähigkeit kom- men wird. Neben der Ertragsschwäche ringen die Institute mit weite- ren Problemen. „Die deutschen Banken gehören zu den am wenigsten profitablen in Euro- pa, was vor allem an ihrer sehr hohen Kostenbasis liegt“, sagt Swen Metzler, Analyst der Ratingagentur Moody’s. Die Bonitätswächter prüften in einer Auswertung anhand zweier Szenarien, wie sich Kos- ten und Erträge des hiesigen Viel Aufwand, wenig Ertrag Cost-Income Ratio deutscher Banken … Die Ratingagentur Moody’s prognostiziert das Aufwand-Ertrag-Verhältnis (Cost-Income Ratio) deutscher Banken unter Fortschreibung bestehender Trends und bei „japanischen“ Verhältnissen. Ab2020Prognose |Quelle:Moody's 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 2024 2023 2022 2021 2020 2019 … unter Fortschreibung bestehender Trends … bei „japanischen“ Verhältnissen » Der Bankensektor hat sich in der Krise als erstaunlich robust erwiesen. « Philipp Koch, McKinsey fondsprofessionell.de 1/2021 393

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