FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021

Rasant abwärts: Wenn Anbieter von Fondspolicen den Rentenfaktor in ihren Produkten herunterfahren, fürchten Kunden, im Ruhestand eine geringere monatliche Auszahlung zu erhalten. Doch das muss nicht sein. Wenn’s nach unten geht Zwei Versicherer haben jüngst den Rentenfaktor für einen Teil ihrer Fondspolicen gesenkt. Das beschert Kunden Einbußen bei der garantierten Rente, erlaubt aber potenziell höhere Überschüsse. D ie Überraschung kam per Post, und sie war nicht gerade angenehm: Rund 750.000 Kunden des Versicherungskon- zerns Allianz fanden im Januar und Febru- ar dieses Jahres ein Schreiben in ihren Briefkästen vor, dessen Inhalt bei manchen zunächst einmal Verwirrung stiftete. So ging es zumindest einer Oldenburger Zahnärztin, die ihren Namen lieber nicht in der Presse lesen möchte. „Meine Mutter hat ein Schreiben bekommen, in dem stand, dass die Allianz den Rechnungszins für den Rentenfaktor ihrer fondsgebunde- nen Rentenversicherung senkt“, berichtet die 42-Jährige. „Wir haben zuerst gar nicht verstanden, was die Begriffe Rechnungszins und Rentenfaktor eigentlich bedeuten und wie sich diese Senkung auswirkt“, sagt sie. Die Zahnärztin und ihre Mutter dürften nicht die einzigen Inhaber von Fonds- und Indexpolicen sein, die sich derzeit mit sol- chen Fragen an ihre Vermittler wenden. In der Tat hat die Allianz Leben zu Jahres- beginn bei bestimmten kapitalmarktnahen Tarifen den Rechnungszins, der dem Ren- tenfaktor zugrunde liegt, von 1,75 Prozent auf 1,25 Prozent heruntergeschraubt. „Inzwischen gibt es für sichere Anlagen mit hoher Bonität kaum noch Zinsen, oder es gibt sogar Negativzinsen“, teilt ein Spre- cher auf Anfrage von FONDS professionell mit. „Jetzt müsste für viele Verträge mit hö- heren Rentenfaktoren ein zusätzlicher Teil des Geldes aus chancenreicheren Invest- ments in zinsarme Anlagen fließen“, erklärt er. Das sei nicht im Sinne der Kunden. Rente muss nicht niedriger sein „Ich habe mich mit der Sache dann ein bisschen beschäftigt“, sagt die Zahnärztin. „Wenn ich es richtig verstehe, bedeutet die Senkung dieses Rechnungszinses, dass die Rente meiner Mutter niedriger sein wird, als bei Vertragsabschluss in Aussicht ge- stellt“, erklärt sie. Das kann passieren, es muss aber keineswegs der Fall sein. Sicher ist nur, dass die garantierte monatliche Summe geringer ausfallen wird. Neben der Allianz hat seit Jahresbeginn auch die Hannoversche Leben den Rech- nungszins für den Rentenfaktor gesenkt. Der Grund ist auch hier das dauerhaft niedrige Zinsniveau. Da sich bei fondsge- bundenen Renten- und Lebensversicherun- gen nicht vorhersagen lässt, wie sich die ge- wählten Fonds entwickeln, können Versi- cherer bekanntlich keine feste Verzinsung garantieren. Um Kunden zumindest eine gewisse Sicherheit zu bieten, sagen viele Anbieter daher einen Rentenfaktor zu.Die- ser drückt aus, wie hoch die monatliche Rente später mindestens ausfallen wird. Entscheidende Größe Für die Berechnung des Rentenfaktors ist der Rechnungszins, der sich am Refe- renzzins für die Zinszusatzreserve orientiert, eine entscheidende Größe. Sinkt er, fällt der zugesagte monatliche Betrag, den der Inhaber einer Fondspolice im Ruhestand bekommt. Bei einer Rente, die bis zum Lebensende gezahlt wird, können die Ein- bußen erheblich sein. „Der Rentenfaktor ist eine Umwand- lungsquote“, erklärt Michael Franke, Geschäftsführer des auf Versicherungen spezialisierten Analysehauses Franke und Bornberg aus Hannover. „Er gibt an, wie FONDS & VERSICHERUNG Rentenfaktor 246 fondsprofessionell.de 2/2021 FOTO: © H368K742 | STOCK.ADOBE.COM, STEFAN NEUENHAUSEN

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