FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021

Wenn es um das Erbe geht, gibt es oft verzwickte Konstellationen. Daher haben Richter eine umfassende Rechtsprechung zu Nachlassfragen entwickelt, die Finanzberater in Auszügen kennen sollten. Der Nachlass vor Gericht Mitunter werden Finanzberater von ihren Kunden mit erbrechtlichen Fragestellungen konfrontiert. Auf den folgenden Seiten stellt die Redaktion mehrere interessante Urteile aus dem Erbrecht vor. F inanzanlagen-, Darlehens- und Ver- sicherungsvermittler sind oft nah an ihren Kunden dran. Sie haben Einblick in deren Finanzen und kennen die Lebens- umstände. Daher können und sollten sie Klienten auf mögliche erbrechtliche Kon- sequenzen finanzieller Entscheidungen hinweisen – oder ihnen beiseite stehen, wenn Kunden bei Erbthemen um Hilfe bitten. Zwar dürfen Vermittler keine Rechtsberatung anbieten (siehe auch den Beitrag ab Seite 324), aber ein Hinweis, dass sich Kunden in gewissen Konstellatio- nen Rat bei einem Anwalt oder Steuer- experten holen sollten, ist erlaubt. Dafür benötigen Vermittler jedoch selbst ein gewisses Maß an Hintergrundwissen im Erbrecht. Daher hat sich FONDS profes- sionell bei Anwälten (siehe Kasten) nach ihrer Meinung nach wissenswerten Ge- richtsentscheidungen in diesem Bereich erkundigt. Die Rechtsexperten nannten aus einer Vielzahl an Entscheidungen mehr als 15 Urteile.Die Redaktion hat aus diesen die Entscheide des Bundesgerichts- hofs (BGH) sowie einige Urteile von Ober- landesgerichten (OLG) ausgewählt Das Ergebnis, die „Top Ten“, finden Sie hier in chronologischer Reihenfolge. „Abschmelzungsregel“ gilt nicht bei Schenkung mit Nießbrauch BGH, 27. 4. 94, , Az. IV ZR 132/93 Das älteste Urteil behandelt einen Geschwisterstreit um Ausgleichs- zahlungen nach einer Immobilien- schenkung: Die Erblasserin hatte der Toch- ter 15 Jahre vor dem Tod zwei Häuser übereignet, sich aber den Nießbrauch vor- behalten. Nach ihrem Tod klagte der Bru- der – er meinte, ihm stehe ein „Pflichtteils- ergänzungsanspruch“ zu, da die Häuser wegen des Nießbrauchs nicht vor mehr als zehn Jahren aus dem Vermögen der Mutter ausgegliedert wurden. Zur Erklä- rung: Pflichtteilsergänzungsansprüche sol- len Pflichtteilsberechtigte an einem Erbe vor dem Verlust ihrer Ansprüche schützen – Ansprüche werden wertlos, wenn ein Erblasser zu Lebzeiten sein gesamtes Ver- mögen weggibt. Nach dem Gesetz min- dert sich der Schenkungswert, den der Beschenkte auszugleichen hat, jährlich um zehn Prozent. Lebt der Erblasser noch mehr als zehn Jahre, nachdem er was ver- schenkt hat, gibt es also keine Pflichtteils- ansprüche mehr. „Nach diesem Urteil gilt das aber nicht, wenn der Schenker sich – wie so häufig – ein Nießbrauchrecht an der Immobilie vorbehalten hat. In diesem Die Anwälte Diese Juristen haben sich zu den im Artikel genannten Urteilen geäußert: Hartmut Göddecke, Göddecke Rechtsanwälte in Siegburg Tel.: 02241/17 33-0 E-Mail: info@rechtinfo.de Philipp Mertens Kanzlei BMS Rechtsanwälte in Düsseldorf Tel.: 0211/58 09 88-0 E-Mail: info@bms-kanzlei.de Richard Schmidt Kanzlei Professor Schmidt Tel.: Bergisch Gladbach: 02204/91 95 71 Tel.: Düsseldorf: 0211/98 49 13-0 E-Mail: recht@professor-schmidt.com SPEZIAL | VERERBEN & VERSCHENKEN Urteile 340 fondsprofessionell.de 2/2021 FOTO: © FREEDOMZ | STOCK.ADOBE.COM, KANZLEI GÖDDECKE RECHTSANWÄLTE

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