FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021

Fall gilt die Schenkung als ‚noch nicht‘ bewirkt, sodass die sogenannte Abschmel- zungsregelung von zehn Prozent Wert- verlust pro Jahr in diesem Fall nicht gilt“, erklärt Anwalt Hartmut Göddecke. Steueroptimierte Übertragung durch „Güterstandsschaukel“ BFH, 12. 7. 05, Az. II R 29/02 Der zweite vorgestellte Entscheid ist die Grundlage für steueroptimierte Übertragungen an die nächste Gene- ration.Vorweg: Die meisten Ehepaare leben imGüterstand der „Zugewinngemeinschaft“. Endet die Ehe, erhält der weniger begüterte Partner die Hälfte der in der Ehe erzielten Zugewinne. Diese Regelung kann man auch nutzen, wenn Vermögen ungleich zwischen den Eheleuten verteilt ist. Dann kann man die Ehe laut Anwalt Philipp Mertens „künstlich“ durch einen Wechsel des Güterstands beenden, wodurch der „ärmere“Partner die Hälfte des Vermögens erhält – ohne dass dafür Schenkungsteuer anfällt. Anschließend wechselt man wieder in die Zugewinngemeinschaft. Auf diese Art kann man steuerfrei Vermögen über- tragen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in diesemUrteil erneut unterstreicht. „Hinter- grund ist auch in diesem Fall die optimale Ausnutzung von Kinderfreibeträgen, denn im Anschluss an eine solche Transaktion kann auch die Ehefrau den gemeinsamen Kindern jeweils 400.000 Euro schenkweise und steuerfrei überlassen“, erklärt Mertens die Bedeutung des Entscheides. Ausschlagung des Pflichtteils bei Privatinsolvenz ist rechtens BGH, 25. 6. 09, Az. IX ZB 196/08 Der Fall: Eine Frau hatte Privatinsol- venz angemeldet, drei Jahre später starb ihr Vater, die Mutter lebte wei- ter. Die Frau hätte – kurz gesagt – ihren Pflichtanteil an dem Vermögen der Eltern verlangen können. Sie machte es nicht, woraufhin die Gläubigerin Antrag auf Ver- sagung der Restschuldbefreiung „wegen Verstoßes gegen die Obliegenheit, die Hälf- te des Wertes des von Todes wegen erwor- benen Vermögens an den Treuhänder ab- zuführen“, stellte. Der BGH stimmte der Gläubigerin nicht zu und schlug sich auf die Seite der Frau. Denn die Richter sahen in dem Vorgehen auch keine Obliegen- heitsverletzung: „Die Entscheidung, den Pflichtteil geltend zu machen, sei ebenso wie die Entscheidung zur Ausschlagung eines Erbes höchstpersönlicher Natur. Auch eine mögliche Versagung der Rest- schuldbefreiung würde faktisch dazu zwin- gen, gegen die eigene Familie vorzugehen, und sei daher inakzeptabel“, kommentiert Rechtsanwalt Göddecke das Urteil. » Die Entscheidung, den Pflichtteil geltend zu machen, ist höchst- persönlicher Natur. « Hartmut Göddecke, Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte „Mallorca-Rentner“: Wahl des nationalen Erbrechts Die EU-Erbrechtsverordnung Nummer 650 (2012) legt fest, dass sich die Erbfolge nach dem Recht des Mitgliedsstaates richtet, in dem der oder die Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes seinen/ihren Aufenthalt hatte. Eine Ausnahme ist aber möglich, wenn die Person das vorher ausdrücklich festlegt (Rechtswahlklausel). Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 16. Juli 2020 (Az. C-80/19) unterstrichen, auf das Rechts- anwalt Richard Schmidt aus Bergisch Gladbach aufmerksam macht. Der Fall: Anlass war ein Streit um das Erbe einer litauischen Staatsangehörigen, die in Deutschland lebte und in Litauen, wo sie eine Wohnung besaß, ihr Testament gemacht hatte. Nach ihrem Tod beantragte ihr Sohn bei einer Notarin in Litauen die Eröffnung des Erbverfahrens und die Ausstel- lung eines Nachlasszeugnisses. Die Notarin lehnte das unter Hinweis auf den „gewöhnlichen Aufenthalt“ der Erblasserin in Deutschland ab. Daraufhin kam es zum Rechts- streit zwischen dem Sohn und der Notarin, der bis zum obersten Gerichtshof des baltischen Staates ging. Dieser wandte sich wegen der unionsrecht- lichen Fragestellung an den EuGH. Die Luxembur- ger Richter entschieden, dass litauisches Recht angewandt werden kann – wie die Frau es offen- bar mit dem in Litauen aufgesetzten Testament gewollt hatte. Fazit: Das Urteil ist nicht nur deshalb wichtig, weil viele Menschen in einem EU- Staat leben, der nicht ihr Geburtsland ist. Es sei auch für Ruheständler relevant, die ihren Lebensabend zumindest teilweise außerhalb Deutschlands verbringen, meint Philipp Mertens von der Kanzlei BMS Rechtsanwälte. Verstirbt ein solcher „Mallorca-Rentner“, könne es zu Pro- blemen für die Erben kommen. „Ohne entsprechende testamentarische Regelung kann für einen auf Mallorca verstorbenen Elternteil unter Umständen spanisches Recht zur Anwen- dung kommen“, so Mertens. „Will man das ver- meiden, muss man zwingend in einem Testament eine entsprechende Rechtswahl treffen.“ fondsprofessionell.de 2/2021 341

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