FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021
Pflichtteilsberechtigter muss Gegenstandswert beweisen BGH, 25. 11. 10, Az. IV ZR 124/09 Mit der Frage der Bewertung eines Nachlasses hat sich der BGH im fol- genden Fall befasst, der schnell skiz- ziert ist: Eine Dame hatte mehrere Immo- bilien hinterlassen. Der Sohn verkaufte die Immobilien, allerdings zu Preisen, die un- ter den Schätzwerten eines Sachverständi- gen lagen. Seine Schwester, die den Pflicht- teil an dem Erbe bekam, klagte auf Nach- zahlung eines fünfstelligen Betrags. In den Vorinstanzen erhielt die Schwester Geld, der BGH präzisierte die Summe. Wissens- wert sind Richard Schmidt zufolge die Leitsätze des Urteils: Zum einen orientiert sich der Wert eines Gegenstandes an dem erzielten Kaufpreis, nicht an einem Schätz- wert. Zum anderen: „Darlegungs- und be- weispflichtig für den Wert des Nachlass- gegenstands im Zeitpunkt des Erbfalls ist der Pflichtteilsberechtigte“, so der BGH. Notarielles Testament ersetzt Erbschein OLG Hamm, 26. 7. 13, Az. 15 W 248/13 Ein Testament kann, aber muss nicht vor einem Notar abgefasst werden. Die notarielle Form bietet sich Rechtsanwalt Philipp Mertens zufolge aber an, wenn tatsächlich der „letzte“ Wille erklärt wird und vor allem wenn sich Immobilien im Nachlass befinden. Der Grund: „Ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag ersetzt den in diesem Fall an- sonsten erforderlichen Erbschein“, erläutert Mertens den Kern des OLG-Urteils. In allen anderen Fällen sei eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklä- rung ausreichend. Der Fall: Geschwister wollten sich nach dem Tod der Eltern mit dem notariell beglaubigten Erbvertag im Grundbuch als Eigentümer eines Grund- stücks eintragen lassen. Das Grundbuch- amt forderte einen Erbschein. Das OLG meinte aber, dass sich die Erbfolge aus dem Testament ergebe. Notarielles Testament ersetzt Erbschein II BGH, 8. 10. 13, Az. XI ZR 401/12 Der BGH hat die Bedeutung von notariellen Testamenten ebenfalls unterstrichen.Das entsprechende Ur- teil erleichtert Erben zudem den Zugriff auf Konten eines verstorbenen Angehöri- gen. Im konkreten Fall hatte sich ein Ehe- paar in einem „Berliner Testament“ gegen- seitig als Erben eingesetzt. Nachdem beide verstorben waren, wollte die Tochter mit dem Testament und dem amtlichen Eröff- nungsprotokoll des zuständigen Nachlass- gerichts auf die Konten der Eltern zugrei- fen. Der Bank genügte das Testament aber nicht, sie wollte einen Erbschein sehen.Der BGH entschied jedoch, dass die Allgemei- nen Geschäftsbedingungen von Kreditinsti- tuten unwirksam sind, wenn sie zur Legi- timation von Erben vorrangig die Vorlage eines Erbscheins verlangen. „Laut BGH hat ein vor einem Notar errichtetes Testament grundsätzlich denselben Beweiswert wie ein Erbschein und reicht als Legitimations- nachweis aus“, sagt Professor Schmidt. In einem weiteren Urteil (Az.: ZR 440/15) vom 5. April 2016 bestätigte der BGH diese Auffassung. Beginn der Verjährung eines ererbten Pflichtteilsanspruchs BGH, 30. 4. 14, Az. IV ZR 30/13 Der Fall: Ein Bruder klagte gegen seine Schwester wegen eines ererb- ten Anspruchs am Pflichtteil eines Erbes, den der zwischenzeitlich verstorbene Vater am Erbe seines Vaters hatte, also des Großvaters. Ein Knackpunkt war die drei- jährige Verjährungsfrist für die Anspruch- erhebung. Der Bruder meinte, die Frist beginne ab dem Zeitpunkt, an dem er vom Tod des Vaters erfuhr. Denn das bedeutete, dass sein Anspruch am Erbe des Großvaters nicht verjährt gewesen sei. In den Vorinstanzen bekam er recht, der BGH sah es anders. Ausschlaggebend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt, zu dem der Vater vom Tod seines Vaters erfuhr: „War der Erblasser zu Lebzeiten Pflichtteils- berechtigter nach dem Tod einer anderen Person und erlangt der Erblasser vor sei- nem Tod Kenntnis von seiner Pflichtteils- berechtigung, so ist für den Beginn der dreijährigen kenntnisabhängigen Verjäh- rungsfrist im Rahmen der Geltendma- chung des Pflichtteils allein die Kenntnis des Erblassers maßgebend, selbst wenn der spätere Erbe diese Kenntnis nicht hat oder erst später erhält“, schreiben die Richter in der Urteilsbegründung. Börsenpreis entscheidet über Steuer auf eingefrorenen Fonds FG Hessen, 16. 2. 16, Az. 1 K 1161/15 Dieses Urteil des Finanzgerichts Hes- sen ist gerade für Fondsvermittler in- teressant: Eine Frau war Alleinerbin ihrer Freundin, Bestandteil des Nachlasses » Wer Eltern und Geschwister so weit wie möglich vom Erbe aus- schließen möchte, muss ein Testament machen. « Philipp Mertens, Kanzlei BMS Rechtsanwälte SPEZIAL | VERERBEN & VERSCHENKEN Urteile 342 fondsprofessionell.de 2/2021 FOTO: © KANZLEI BMS RECHTSANWÄLTE
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