FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021

waren Anteilsscheine an einem offenen Immobilienfonds, der im Zuge der Finanz- krise 2008 „eingefroren“ und liquidiert wurde. Das Finanzamt nahm 2012 bei der Berechnung der Erbschaftsteuer den Rück- nahmewert als Grundlage.Die Erbin mein- te, dieser sei wegen der Aussetzung der Rücknahme von Anteilsscheinen nicht realisierbar und zu hoch. Maßgeblich sei der niedrigere Börsenkurs. Im Rechtsstreit folgte das Finanzgericht der Argumenta- tion der Erbin, „da die fehlende Möglich- keit, die Anteilsscheine zum Rücknahme- preis zu liquidieren, einen preisbeeinflussen- den Umstand gemäß Paragraf 9 Absatz 2 Satz 2 Bewertungsgesetz darstellt“, erläutert Rechtsanwalt Schmidt. Ausschluss von Erben muss testamentarisch verfügt werden OLG Nürnberg, 4. 1. 18, Az. 12 U 1668/17 Vielen dürfte nicht bekannt sein, dass eine Person einen verstorbenen Partner nicht zwangsläufig allein beerbt, wenn es keine Kinder gibt: Auch Eltern oder Geschwister eines Erblassers haben ein Erbrecht – Eltern haben sogar Anspruch auf einen Pflichtanteil. Das musste eine Witwe erfahren, deren Mann verstarb und dessen Vater den Pflichtanteil forderte.Das lehnte sie ab.Das Oberlandes- gericht Nürnberg gab aber dem Vater recht, weil der Erblasser den Vater nicht explizit gemäß Paragraf 2336 Absatz 1 Bür- gerliches Gesetzbuch von der Erbfolge und dem Pflichtteil ausgeschlossen hatte. „Wer also Eltern und Geschwister so weit wie möglich vom Erbe ausschließen möchte, muss ein Testament machen“, so Mertens’ Rat für die Praxis. Grundsätze für Einstufung als Erbe oder Vermächtnisnehmer OLG München, 18. 6. 20, Az. 31 Wx 164/18 ua Das Erbrecht unterscheidet zwischen einem Erben, der unmittelbar Teil- haber am Nachlass ist, und einem Vermächtnisnehmer, der nur einen schuld- rechtlichen Anspruch am Erbe hat. Letz- terer ist rechtlich schlechter gestellt, da er kein Rechtsnachfolger des Erblassers wird – aber auch keine Schulden erbt. Im Einzelfall ist die Entscheidung, worum es sich jeweils handelt, mitunter schwierig. Das OLG München hat in dem vorlie- genden Urteil Grundsätze dafür aufgestellt: „Eine Vielzahl von Bedachten als Miterben, die letztendlich dazu führt, dass deren Erbquote gering ist, stellt allein noch keine tragfähige Grundlage für eine Auslegung dar, dass der Erblasser den insoweit Be- dachten entgegen dem allgemeinen und juristischen Sprachgebrauch seiner gewähl- ten Formulierungen (‚erben‘) lediglich die Stellung als Vermächtnisnehmer zuweisen wollte.“Daher sei schließlich entscheidend, dass auch bei vielen Bedachten für eine Einstufung als Erbe oder Vermächtnis- nehmer allein maßgebend, ist „ob diese nach dem Willen des Erblassers jeweils eine unmittelbare Teilhabe an dem Nach- lass oder nur einen schuldrechtlichen Anspruch haben sollen.“ JENS BREDENBALS FP » Laut BGH hat ein vor einem Notar errichtetes Testament grundsätzlich denselben Beweiswert wie ein Erbschein. « Richard Schmidt, Kanzlei Professor Schmidt Digitaler Nachlass: Zugang zu sozialen Netzwerken Die erbrechtliche Behandlung des „digitalen Nach- lasses“ wird zunehmend relevant – auch die Frage, was mit Benutzerkonten bei sozialen Netz- werken geschieht. Der Bundesgerichtshof (BGH) fällte dazu am 27. August 2020 (Az. III ZB 30/20) ein wichtiges Urteil: Das gesamte Benutzerkonto fällt den Erben zu, inklusive Nutzerrechten. Darauf weist der Siegburger Anwalt Hartmut Göddecke hin. Der Fall: Ein Ehepaar stritt mit dem Betreiber eines sozialen Netzwerks über den Zugang zum Benutzerkonto ihrer verstorbenen minderjährigen Tochter. Im Juli 2018 ordnete der BGH (Az. III ZR 183/17) an, dass die Eltern als Erben Zugang zum Konto samt Kommunikationsinhalten erhalten müssen. Das Internetportal kam Göddecke zufolge „seiner Verpflichtung zur Gewährung von Zugang“ nach, indem es die Inhalte des Accounts auf einen USB-Stick lud und überreichte. Die Eltern klagten aber weiter, das Portal hatte ihrer Meinung nach seine Verpflichtung nicht erfüllt. Der BGH gab ihnen in der Entscheidung von 2020 recht und begründete dies damit, dass sie sich in dem Benutzerkonto – mit Ausnahme einer aktiven Nutzung – so „bewegen“ können müssen wie zuvor die Tochter selbst. Fazit: „Dementsprechend haben Erben nicht nur das Recht auf Übergabe der gespeicherten Daten, sondern auf aktiven Zugang zum Account. Im Ergebnis verdeutlicht diese Entscheidung, dass eine Wahrnehmung von Inhalten im Rahmen eines „Interfaces“ weit mehr ist als allein der Inhalt“, so Göddecke. SPEZIAL | VERERBEN & VERSCHENKEN Urteile 344 fondsprofessionell.de 2/2021 FOTO: © KANZLEI PROFESSOR SCHMIDT

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=