FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2021

Eine Frage der Perspektive Im Idealfall hängt es nur vom Kunden ab, in welche Risikoklasse er eingestuft wird. Eine Studie zeigt jedoch, zu welchen Fehlurteilen Berater kommen. Viele davon ließen sich vermeiden. E s war ein durchaus interessantes Expe- riment, das die Behavioural-Finance- Experten von Oxford Risk in Kooperation mit dem südafrikanischen Finanzdienstleis- ter Momentum Investments und dem dor- tigen Berufsverband Financial Planning Institute wagten: Sie legten Finanzberatern Kurzbeschreibungen von sechs ktiven Pri- vatkunden vor, garniert mit Details zu ihrer Biogra e, den nanziellen Verhältnissen und den Zielen ihrer Geldanlage. Die Be- rater sollten angeben, welche Risikostufe für die Anleger angemessen wäre, welche Verluste sie wohl ertragen könnten und welche Aktienquote sie diesen Mandanten empfehlen würden. Unterschiedliche Urteile Damit, dass die Ergebnisse voneinander abweichen würden, hatten die Initiatoren des Versuchs wohl gerechnet, eine derart breite Streuung hatten sie aber nicht erwar- tet: Für vier der sechs Beispielkunden fand sich jeweils mindestens ein Berater, der die niedrigste Risikostufe empfahl – und ein anderer, der denselben Anleger in die höchste Risikoklasse einsortierte. Einen an- deren Kunden wähnten etwa gleich viele Finanzexperten in der niedrigen, mittleren und hohen Risikokategorie. Halbwegs ein- heitliche Urteile, wo doch alle die gleichen Unterlagen vorliegen hatten? Fehlanzeige! Auch die Empfehlungen zur Asset-Allo- kation waren „wahllos verteilt“, heißt es in der im Februar verö entlichten Studie mit dem Titel „Under the Microscope: ,Noise‘ and investment advice“. Selbst wenn sich die Berater über die angemessene Risiko- stufe für den Kunden einig waren, gab es sehr unterschiedliche Meinungen über die geeignete Aktienquote.Die Empfehlungen, so das ernüchternde Fazit, elen „eher voll- kommen willkürlich aus als vollkommen schlüssig“. Das klingt nach einem Armuts- zeugnis für die Branche. „Störgeräusche“ Bei ihrer Analyse machten die Autoren der Studie weitere interessante Beobachtun- gen: Hatte der Berater ein Studium abge- schlossen, plädierte er in der Regel für eine geringere Risikoeinstufung als der Durch- schnitt. Alleinstehende Berater tendierten zu mehr Risiko als verheiratete. Das Glei- che gilt für angestellte Kundenbetreuer, die im Mittel weniger Vorsicht walten ließen als Kollegen, die auf Provisions- oder Honorarbasis arbeiteten. Solche „Störgeräusche“, die im Beratungs- prozess zu nicht erklärbaren Abweichun- gen führen, gelte es zu vermeiden, meint Greg Davies, Leiter Behavioural Finance bei Oxford Risk. Fehler könnten auch durch irrelevante Faktoren wie die momentane Laune eines Beraters, die Zeit seit der letz- ten Mahlzeit oder das Wetter verursacht » Beratung braucht Freiheitsgrade, sonst ist sie nicht mehr attraktiv. « Monika Müller, FCM Ist es gefährlich, was der Junge da macht? Aus Sicht der Eltern ganz bestimmt, aus Sicht des Kindes wahrscheinlich nicht. Bei der Risiko- einschätzung spielen eben viele unterschiedliche Aspekte eine Rolle. VERTRIEB & PRAXIS Risikoprofiling 288 fondsprofessionell.de 3/2021 FOTO: © RICARDO FERRANDO | STOCK.ADOBE.COM

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