FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2021
Eglitis. „Vor allem Mieter aus dem Lebens- mitteleinzelhandel setzen häufig eine Anpassung an den VPI in Höhe von ledig- lich 80 oder gar 60 Prozent durch. Aus der Perspektive des Inflationsschutzes fehlen dann 20 oder 40 Prozent.“ Einschränkend kommt hinzu, dass auch eine Indexklausel, die eine vollständige Anpassung vorsieht, immer nur zeitverzö- gert greift, weil nicht unmittelbar, sondern nur auf Jahresbasis rückblickend ange- passt werden kann. Dennoch können Indexklauseln ein wertbildender Faktor sein. Erwirbt ein Investor ein größeres Immobilienport- folio, kauft er immer die für einzelne Objekte bestehenden Mietverträge mit. Sind darunter auch Objekte, bei denen die Mietverträge keine oder nur eingeschränkt wirkende Indexklauseln enthalten, hat das Auswirkungen auf den Wert des Portfolios und wird in der Regel mit Abschlägen auf den Kaufpreis kompensiert. Beliebte Stellschraube Vor 20 Jahren, als geschlossene Immobilienfonds noch weitgehend unreguliert waren, war die Annahme einer bestimmten Inflationsrate eine beliebte konzeptionelle Stellschraube, um damit einen optimistischen Blick auf die künftige Ertragslage – vermeintlich – zu begründen. So rühmte sich beispielsweise der Pro- spekt des geschlossenen Immobilienfonds „Trinkaus Europa Immobilien-Fonds Nr. 7 Frankfurt Mertonviertel KG“, den eine Tochtergesellschaft der HSBC im Jahr 2001 aufgelegt hat, für das Fondsobjekt indexier- te Mietverträge abgeschlossen zu haben: „Diese äußerst vermieterfreundliche Rege- lung ist nur selten durchsetzbar und bietet weitgehende Absicherung des Inflations- risikos hinsichtlich des Mietzinses.“ In der Fondskalkulation wurde für die Jahre 2002 und 2003 eine Inflationsrate von 2,5 Pro- zent jährlich und ab 2004 eine jährliche Steigerung um drei Prozent angenommen. Mithilfe dieser Annahmen ließen sich in der Prognoserechnung des Fonds die Miet- einnahmen von rund drei Millionen Euro im Jahr 2002 auf rund 4,5 Millionen im Jahr 2016 hochrechnen. Abweichende reale Entwicklung Die durchschnittliche jährliche Preisstei- gerungsrate während der vorausgegange- nen 20 Jahre lag allerdings bei gerade mal zwei Prozent. In den Jahren nach Prospek- tierung des Fonds lag der VPI 2002 und 2003 bei 1,3 beziehungsweise 1,1 Prozent und blieb auch in den Folgejahren weit hinter den viel zu optimistischen Annah- men zurück. Das blieb nicht ohne Folgen: In den Jah- ren 2014 bis 2019 bewegten sich die jähr- lich erzielten Mieteinnahmen des Fonds zwischen 1,6 und 1,9 Millionen Euro jähr- lich, wo sie sich doch gemäß prospek- tierter Prognoserechnung schon seit 2012 auf mehr als vier Millionen Euro belaufen sollten.Die große Diskrepanz macht allerdings auch klar, dass da nicht nur die ausgebliebene Inflation die schöngerechnete Kalkulation ver- hagelt haben kann. Inflationsprognose heute Heutige Prospekte sind da sehr viel zurückhaltender: Die Beteiligung sei „aufgrund der gegebenen mietvertrag- lichen Regelungen für Anleger geeig- net, die eine Vermögensanlage suchen, die gegebenenfalls langfristig einen teilweisen Inflationsschutz bieten kann“, heißt es beispielsweise im Pro- Axel Drwenski, KGAL: „Die Gleichsetzung von Immobilie und Inflationsschutz greift ganz eindeutig zu kurz.“ Andri Eglitis, Swiss Life Asset Managers: „Die Indexierung der Miete ist das Mittel der Wahl, um gegen die Inflation zu arbeiten.“ Inflation Verbraucherpreisindex (VPI) Mit dem Instrument des Verbraucherpreisindex (VPI) misst das Statistische Bundesamt die durchschnittliche Preisentwicklung von Waren und Dienstleistungen, die von Privathaushalten gekauft werden. Der sogenannte Warenkorb umfasst rund 750 unterschiedlich ge- wichtete Waren und Dienstleistungen, von Gütern des täglichen Bedarfs wie Lebensmitteln oder Bekleidung über Dienstleistungen wie Friseur oder Versicherungen bis hin zu den Kosten für Gebrauchsgüter wie Auto oder Waschmaschine. Alle fünf Jahre werden die Zusam- mensetzung des Warenkorbs und die Gewichtung seiner Elemente überprüft. Einmal monatlich werden die Preise ermittelt und ihre Veränderung zum Vorjahres- monat dokumentiert (siehe Grafik vorige Seite). SACHWERTE Inflationsschutz 220 fondsprofessionell.de 4/2021 FOTO: © KGAL, SWISS LIFE ASSET MANAGERS
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