FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

Herr Fritz, der Kapitalmarkt soll einen Beitrag leisten zur Erreichung internationaler Klima- und Nachhaltigkeitsziele, so u. a. der Wille der EU. Das klingt natürlich begrüßenswert. Welchen Einfluss und welche Wirkung haben Investoren derzeit? Investoren können nicht nur eine wichtige Rolle einnehmen, sie müssen sie sogar wahrnehmen. Vor uns liegen immense Herausforderungen, die Investoren Hand in Hand mit wirklich zukunftsfähigen Unternehmen angehen müssen. Das ist unbestritten. In den vergangenen Jahren hat der nachhaltige Anlagemarkt eine beispiellose Dynamik verzeichnet. Große Banken und Investmentgesellschaften bekennen sich zu den SDGs oder dem Pariser Klimaschutzab- kommen. Der Aufbruch ist spürbar, aber die Branche ist bei der Entwicklung eines Impact Investing-Markts, der große transfor- mative Wirkung entfaltet, noch ganz am Anfang. Es muss noch sehr viel Pionierarbeit geleistet werden. Wo sehen sie die größten Herausforderungen? Ein Investor kann nur dann eine Wirkung erzielen, wenn durch sein Handeln ein erkennbarer sozialer oder ökologischer Mehrwert („Additionalität“) gestiftet wird, beispielsweise mehr menschenwürdige Arbeitsplätze, ein höherer Anteil an erneuer- bare Energien, etc. Das sagt sich sehr leicht, ist aber in der täglichen Investmentpraxis sehr schwierig umzusetzen. Wie zeigt sich dies in der Praxis? Verschiedene Assetklassen haben unterschiedliche Impact- potenziale. Ein alternativer Investmentfonds stellt Eigen- oder Fremdkapital direkt den Unternehmen zur Verfügung. Ein Wertpapierfonds kauft i. d. R. Aktien oder Anleihen über den Börsenhandel von einem anderen Investor. Aufgrund der unterschiedlichen Kapitalströme ist es nicht möglich — wie leider häufig am Markt zu beobachten ist —, eine direkte Zuordnung von Wirkung unabhängig von der Berücksichtigung der Assetklasse vorzunehmen. Daher müssten Investoren zunächst ausdifferenzieren, welche Impact-Potenziale ihre verschiedenen Assetklassen haben. Wir sehen im Markt teils kreative und irreführende Ausfüh- rungen von Impact-Darstellungen nachhaltiger Investments. Wie kann man Impact gewissenhaft darstellen? Asset-Klassen und ihre Impactpotenziale unterscheiden sich. Dies macht ein umfassendes Reporting erforderlich, in welchem Investoren Potenziale aber auch Grenzen ihrer Impact-Aktivitä- ten darlegen. Angetrieben durch die Regulierung ist derzeit ein Trend zur Aggregation und Simplifizierung heterogener Daten erkennbar. Die hohe Verdichtung von Daten führt dazu, dass die Aussagekraft der Darstellung stark abnimmt bzw. Raum für Interpretationen lässt. Was möchte der Anbieter eines Aktien- fonds sagen, wenn er angibt, mehr als 50 Prozent seines Portfolios trüge zu den SDGs bei? Wer ehrlich und transparent über seine Wirkung berichten will, darf sich Stand heute nicht zu sehr an der gängigen Marktpraxis oder gesetzlichen Vor- gaben orientieren und muss Anleger*innen auch komplexe Wahrheiten zumuten. Wie lässt sich dies erreichen? Gemeinsamen mit anderen Nachhaltigkeitshäusern, z. B. Invest in Visions, haben wir dazu kürzlich „Leitlinien zur Darstellung von Impact im Bereich wirkungsorientierter Investments“ veröffentlicht. In den Leitlinien fordern wir Marktteilnehmer*in- nen auf zu sechs kritischen Fragen bezüglich der Wirkung ihrer Investitionen Stellung zu beziehen (siehe grauer Kasten). Darstellungen von Investitionen, in denen sozial-ökologische Wirkung suggeriert wird, müssen sachgemäß eingeordnet werden. Martkteilnehmer*innen sollten tatsächlichen Impact anstreben und über die damit verbundenen zahlreichen Hürden berichten. So wird die Grundlage geschaffen, dass Anleger*in- nen den tatsächlichen Beitrag eines Unternehmens oder Fonds zu einer nachhaltigen Entwicklung nachvollziehen und transpa- rent beurteilen können. Wie geht die GLS Investments damit um? Wie finden Sie Unternehmen, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen eine positive Wirkung entfalten können? Wir haben einen anspruchsvollen, mehrstufigen Prüfungspro- zess intern installiert. Unsere Nachhaltigkeitsanalystinnen und -analysten prüfen die Geschäftsfelder und Geschäftspraktiken der Unternehmen umfassend und führen sie in Profilen zusam- Impact Investing: Die Branche muss ehrlich werden Wirkung oder Impact ist das Wort der Stunde am Kapitalmarkt. Viele Fondsanbieter wollen mit ihren Finanzprodukten „einen Beitrag leisten“, „im Einklang sein“ bzw. „einzahlen“ auf die nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen („SDGs“) oder das Pariser Klimaschutzabkommen. Für viele Investoren wächst damit der Anreiz aber auch Druck ihr Gesamtportfolio nicht nur nach finanziellen Kennzahlen, sondern auch sozialen und ökologischen Auswirkungen zu steuern. Die GLS Investments entwickelt ausschließlich nachhaltige Fondskonzepte und betreut diese dauerhaft unter sozial, ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten. Als neue hundertprozentige Tochterge- sellschaft der GLS Bank möchte sie ihr Angebot an streng nachhaltigen Investmentfonds ausbauen. Außerdem ermutigt die GLS Investments, gemeinsam mit anderen Nachhaltigkeitshäusern, alle Markt- teilnehmer*innen ehrlich zu kommunizieren, wie eine soziale und/oder ökologische Wirkung erzielt werden kann und welche Grenzen es gibt. Im Gespräch erklärt Stefan Fritz, Spezialist Investmentfonds der GLS Investments, die Hintergründe. ANZEIGE

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