FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

Generell fänden Aktionärsanträge mitt- lerweile deutlich mehr Zuspruch als noch vor einigen Jahren, hat Fidelity-Analyst Roberts beobachtet. Im Schnitt liege die Zustimmungsquote bei 30 bis 40 Prozent. „Das hat zwei wesentliche Gründe: Zum einen finden ESG-Themen bei den Investo- ren mehr Gehör als früher, zum anderen hat sich die Qualität der Anträge deutlich verbessert.“ Ihn stört, dass die Konzern- führung Aktionärsanträge oft reflexartig ablehnt, weil sie als Kritik an der eigenen Arbeit aufgefasst werden. „Doch so sind sie gar nicht unbedingt gemeint“, betont Roberts. „Vorstand und Aufsichtsrat sollten akzeptieren, dass den meisten Investoren schlicht daran gelegen ist, das Unterneh- men zukunftssicher aufzustellen.“ Doch lässt sich mit einem Aktionärs- antrag überhaupt etwas bewirken? Oh ja, meint Nathan Leclercq,Head of Corporate Governance bei Aviva Investors. Er verweist etwa auf die Managementvergütung bei Royal Dutch Shell. Schon seit 2011 hatte Aviva Investors die Vergütungsregeln nicht mehr unterstützt. 2019 wurden endlich Klimaziele aufgenommen, 2020 dann die variable Vergütung reduziert. „Diese Ände- rungen ermöglichten es uns, für den Ver- gütungsbericht 2020 zu stimmen“, berichtet Leclercq. Als weiteres Beispiel nennt er eine Resolution von Microsoft-Aktionären, die den Konzern verpflichten wollten, über die Wirksamkeit der Maß- nahmen gegen sexuelle Beläs- tigung am Arbeitsplatz zu be- richten. Der Antrag fand 78 Prozent Zustimmung – ob- wohl die Firmenleitung eine Ablehnung empfohlen hatte. „Die Ausübung von Stimm- rechten ist ein effektives Instru- ment, umUnternehmen in die richtige Richtung zu lenken“, sagt Erik Durhan, Corporate- Governance-Chef bei Nordea. Auf der Hauptversammlung 2021 forderte sein Haus gemeinsam mit anderen Investoren den Energiemulti Exxon Mobil auf, einen Bericht vorzulegen, wie seine Lobbyarbeit mit den Zielen des Pariser Abkommens in Einklang steht. Der Antrag wurde angenommen. Zunehmend kündigen Fondsanbieter schon im Vorfeld an, wie sie zu bestimm- ten Themen abstimmen werden. „Unsere Abstimmungspolitik sieht vor, dass bis 2025 40 Prozent der Vorstandsmitglieder Frauen sein sollen“, sagt Michael Hersko- vich, Global Head of Stewardship bei BNP Paribas Asset Management. Im vergan- genen Jahr lehnten er und seine Kollegen 37 Prozent der Vorstandsbesetzungen ab, hauptsächlich aus Gründen der Geschlech- tervielfalt. Diese Quote steigt Jahr für Jahr: 2018 hatten die Pariser nur gegen jede fünfte Vorstandsbesetzung votiert. Wegmarken setzen Ganz ohne Wirkung bleibt das „Proxy Voting“ also nicht. Aber bringt der direkte Dialog mit Vorstand und Aufsichtsrat, das sogenannte Engagement, nicht mehr? Meist gehe beides Hand in Hand, meint Aviva-Manager Leclercq. „Wir stimmen oft gegen Beschlüsse, weil die Unternehmen die von uns angesprochenen Probleme nicht angegangen sind“, sagt er. „Und wir engagieren uns oft bei den Unternehmen, weil wir Probleme identifiziert haben, gegen die wir gestimmt haben.“ Deka-Experte Speich bezeichnet Engage- ment als „das schärfere Schwert, weil wir da tief in die inhaltliche Diskussion einstei- gen können und uns auch häufiger austau- schen als nur einmal im Jahr auf der Hauptversammlung.“ Man könne dem Unterneh- men konkrete Wegmarken set- zen, etwa wenn es um die Sen- kung der Kohlendioxidemis- sionen gehe – verbunden mit der Warnung, die Aktien bei Zielverfehlung zu verkaufen. „Die Stimmrechte sind aber natürlich ein wichtiges Instru- ment, um unseren Forderun- gen Nachdruck zu verleihen“, sagt er. „Wenn wir dem Auf- sichtsrat vor der Hauptver- sammlung ankündigen, gegen einen Tagesordnungspunkt zu stimmen, wenn er so auf die » Wir sind Aktionäre, keine Umweltaktivisten. « Ingo Speich, Deka Investment So stimmen die Fondsriesen ab Zustimmung zu Aktionärsanträgen mit ESG-Bezug 2021 Die großen Asset Manager stimmen längst nicht jedem Aktionärsantrag zu. *146ausgewählteAktionärsanträge |AnbietergereihtnachverwaltetemVermögen(inKlammern) |Quelle:ShareAction„VotingMatters2021“ 0% 10% 20% 30% 40% J.P. Morgan AM (2,4 Bio. USD) Capital Group (2,4 Bio. USD) State Street Global Advisors (3,5 Bio. USD) Fidelity Investments (3,8 Bio. USD) Vanguard (7,3 Bio. USD) Blackrock (8,7 Bio. USD) Zustimmungsquote* 40 % 26 % 29 % 32 % 28 % 37 % MARKT & STRATEGIE Stimmrechtsausübung 126 fondsprofessionell.de 1/2022 FOTO: © DEKA INVESTMENT

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