FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

Eine Frage der Chemie Viele Bestände älterer Versicherungsvermittler gehen an profes- sionelle Investoren. Aber auch einige kleinere und mittlere Makler mischen mit. Drei berichten FONDS professionell, wie sie vorgehen. D ie Verhandlungen zur Bildung der ersten „Ampel“-Regierung auf Bun- desebene war im vergangenen Herbst rasch über die Bühne gegangen. Der Koalitions- vertrag sorgte bei Finanzdienstleistern für Erleichterung: Sowohl Grüne als auch SPD hatten im Wahlkampf sehr laut über ein Provisionsverbot in der Finanzberatung oder zumindest einen Provisionsdeckel für Lebensversicherungen nachgedacht – doch der FDP gelang es mit eifriger Unterstüt- zung der Branchenlobby offensichtlich, ih- nen dieses Vorhaben auszureden. Das wie- derum befeuert die Nachfrage nach Versi- cherungsbeständen ausscheidender Makler, hat Andreas Grimm beobachtet. Er ist Geschäftsführer des Resultate Instituts für Unternehmensanalysen und Bewertungs- verfahren, das Finanz- und Versicherungs- vermittler beim Bestandsverkauf berät. Un- ter einem „Bestand“ ist hierbei die Summe der Ansprüche auf laufende Bestandsprovi- sionen aus vermittelten Verträgen gemeint. „Vor allem große institutionelle Investoren kaufen derzeit“, sagt Grimm. Kein Wunder, sichern sie sich so doch einen Anteil am milliardenschweren Provisionstopf, den die Versicherer füllen. Aber auch kleinere und mittlere Makler erwerben Bestände. Wie gehen sie dabei vor? Worauf achten sie? Was sind ihre Motive? Drei Makler haben FONDS professionell von ihrer Geschichte und ihren Erfahrungen berichtet. Bestände = Kunden Wenn Makler wachsen wollen, benöti- gen sie neue Kunden. Die finden sie über Empfehlungen bestehender Klienten oder den Kauf von Leads, also Kontaktdaten von Menschen, die an einem Produkt oder einer Finanzberatung Interesse zeigen. Leads sind aber teuer, auch weil nur ein kleiner Teil der Interessenten zu Kunden wird. Auch andere Formen des Online- marketings sind kostspielig. Es gibt jedoch einen anderen Weg zu wachsen: den Kauf von Beständen älterer Makler. Das machen Frank Winands, der Kunden in Köln und Siegburg sowie am Bodensee betreut, und Benjamin Adamietz aus dem sauerländi- schen Arnsberg seit einigen Jahren. Der ehemalige Zeitsoldat und langjährige Vermittler eines Finanzvertriebs wollte eigentlich nie Bestände kaufen, als er sich 2011 als Makler selbstständig machte – mittlerweile hat er mit seiner Finanzkanzlei Adamietz & Kollegen, die 15 Mitarbeiter hat, 14 Bestände übernommen. Etwas anders sind die Motive von Volker Hahn aus dem bayerischen Herrsching. Der Makler begann um die Jahrtausend- wende über „Versicherungsvergleich.de“ und andere Internetseiten Leads zu gene- rieren und zu verkaufen. Das Geschäft lief, bis Check24 und Co. die Akquise immer weiter erschwerten (siehe FONDS profes- sionell 3/2019, Seite 260). Hahn wich auf Leads für Nischenprodukte im Komposit- » Es muss ein Vertrauensverhältnis zwischen beiden Seiten bestehen. « Frank Winands, Makler Der Kauf eines Maklerbestands ist in vieler Hinsicht ein chemisches Expe- riment. Passen Käufer und Verkäufer nicht zusammen, passiert nichts. Sind sie aber kompatibel, dann zündet es – im übertragenen Sinn. FONDS & VERSICHERUNG Bestandsverkauf 278 fondsprofessionell.de 1/2022 FOTO: © ANDREY KISELEV | STOCK.ADOBE.COM; ADAMIETZ & KOLLEGEN

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