FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

Heißer Reifen Die Fondsboutique H2O erzielte mit ihren pointierten makroökono- mischen Positionen eine hohe Performance. Doch zuletzt fiel das Haus vor allem durch seine illiquiden Investments auf. D er Ansatz von H2O ist und war es immer, dahin zu gehen, wo andere sich nicht hinwagen“, umriss Co-Gründer Vincent Chailley einmal den Weg der Investmentboutique. Lange ging diese Stra- tegie auf.Die von Chailley und Frontmann Bruno Crastes gegründete Gesellschaft fuhr für ihre Fondsanleger fantastische Erfolge ein. Das verwaltete Vermögen kletterte über die Marke von 30 Milliarden Euro. Die französische Sparkassen- und Genos- senschaftsbankengruppe BPCE, die über ihre Investmentbank Natixis und deren Boutiquendach Natixis Investment Mana- gers an H2O beteiligt ist, freute sich über die florierende Tochter. Die enormen Renditen lenkten den Blick von den mar- kanten Risiken ab, die Crastes und sein Team eingingen. Dann kam der 17. Juni 2019. An diesem Tag erschien ein Artikel in dem Blog „FT Alphaville“mit dem Titel „H2O Asset Ma- nagement: Illiquid Love“ – illiquide Liebe. Die Journalisten der britischen Finanz- zeitung „Financial Times“ (FT) beleuchte- ten darin das Firmengeflecht rund um den schillernden deutschen Investor Lars Wind- horst und die Rolle der Fondsgesellschaft H2O als Geldgeber des Konstrukts. Die Fonds der Boutique investierten gut 1,4 Milliarden Euro in zum Teil illiquide An- leihen, die Windhorsts Investmentholding Tennor zuzurechnen sind. Windhorst hat in den 1990er-Jahren eine steile Karriere als Jungunternehmer begon- nen. In der Ära des Altbundeskanzlers Hel- mut Kohl galt Windhorst als Wunderkind. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase geriet seine Firma in Schieflage.Windhorst muss- te Insolvenz anmelden und wurde zu einer Bewährungs- sowie zu einer Geldstrafe ver- urteilt. Seither wechseln sich Comeback- versuche mit Pleiten ab.Dazu gesellten sich Rechtsstreitigkeiten mit ehemaligen Part- nern und Investoren. Mit der Gesellschaft Tennor versucht Windhorst einmal mehr die Rückkehr.Das Vehikel investiert in eine Reihe von Unternehmen, gern auch in Schieflage geratene wie den italienischen Dessous-Hersteller La Perla oder die Flens- burger Schiffbau-Gesellschaft. Milliarden weg Obgleich die Beziehungen zwischen dem deutschen Finanzier und den franzö- sischen Fondsmanagern schon lange Jahre bestanden, trat der FT-Bericht eine Welle los. Innerhalb von wenigen Wochen zogen Anleger gut acht Milliarden Euro aus den H2O-Fonds ab.Der Aktienkurs der damals noch börsennotierten Investmentbank Natixis brach zeitweilig um mehr als zehn Prozent ein. Die Ratinggesellschaft Mor- ningstar setzte ihre „Bronze“-Bewertung für einen der H2O-Fonds aus. Doch warum reagierten die Kunden so empfindlich auf die Meldung über das » Die Schwächen, die sich bei der Risiko- kontrolle des Fonds gezeigt haben, sind schwer zu ignorieren. « Mara Dobrescu, Morningstar Ein Rennfahrer lässt die Reifen durchdrehen: Die H2O-Manager sehen dort Werte, wo andere zurück- scheuen. Die eingegangenen Risiken bescherten Investoren hohe Renditen, zuletzt aber exorbitante Einbußen. VERTRIEB & PRAXIS H2O 348 fondsprofessionell.de 1/2022 FOTO: © TOA555 | STOCK.ADOBE.COM

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