FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

die notwendigen Instrumente ver- fügen, um auf einen Schlag eine Vielzahl von Wertpapierpositionen in den Depots seiner Kunden sozu- sagen en gros an die neue Situation anzupassen. Insofern gebe ich Björn Drescher recht, dass eine kri- senhafte Situation, wie wir sie gera- de erleben, auch immer eine Art Stresstest für den Berater selbst ist. Denn jetzt zeigt sich, wer seine Hausaufgaben gemacht und wer sozusagen nachsitzen muss. Philip Kalus: Zumal eine sinnvoll eingesetzte Technik ein unglaub- lich mächtiges Tool zur Informa- tionsbeschaffung ist – und daher auch die Möglichkeit zu einer um- fassenden Transparenz bietet, die letztlich auch die Basis für die Glaubwür- digkeit eines Beraters im Verhältnis zu sei- nen Kunden bildet.Denn gerade über eine möglichst breite Transparenz in Bezug auf die möglichen Konsequenzen eines so au- ßergewöhnlichen Ereignisses auf das Depot eines Kunden relativiert sich unter Umstän- den unglaublich viel an Befürchtungen, die der Kunde eventuell hegt. Inwieweit spielt denn das inner- und außer- halb der Branche gern kolportierte Vor- urteil eine Rolle, wonach Berater sich in Situationen, wie wir sie gerade erleben, am liebsten wegducken, um erst gar nicht mit dem Kunden sprechen zu müssen? Beys: In der Regel kennt ein guter Berater seine ängstlichen Kunden. In diesem Fall ist der beste Weg, proaktiv auf diese Kun- den zuzugehen und sie auf die möglichen Auswirkungen der konkreten Entwicklung anzusprechen. Andererseits haben wir fest- gestellt, dass in der Ukraine-Krise nur sehr wenige Kunden von sich aus auf uns zuge- kommen sind. Selbst wenn wir gewollt hätten: Für uns bestand erst gar nicht die Notwendigkeit zu versuchen, den Kontakt zum Kunden zu meiden. Das gilt imÜbri- gen auch für die meisten unserer Vertriebs- partner. Woran liegt das? Beys: Das hängt meiner Auffassung nach mit zwei unterschiedlichen Aspekten zu- sammen. Kunden, die uns und unsere Pro- dukte schon länger kennen, haben bereits die Erfahrung gemacht, wie wir mit sol- chen krisenhaften Situationen umgehen, und sind daran gewöhnt, dass es nach einer Talfahrt des Fondspreises irgendwann auch wieder aufwärts geht mit der Perfor- mance. Daher bleiben sie entsprechend gelassen. Andererseits ist das aber meiner Ansicht nach auch ein Beleg dafür, dass das Kundendepot schon vom Grundsatz her richtig aufgestellt und ausreichend diversifiziert war, sodass es auch auf der Kundenseite gar keinen Grund für irgendwie gearteten Aktionis- mus gegeben hat. Auch das spricht dafür, dass es nur sinnvoll sein kann, wenn man als Berater die eigene Rolle kennt und richtig einschätzt. Soll heißen: Der Berater sollte natürlich im Dialog mit sei- nem Kunden sein, aber die Port- folioaufteilung weiterhin dem Pro- fi, dem Fondsmanager, überlassen, der im Zweifel immer besser die möglichen Auswirkungen auf ein- zelne Wertpapierpositionen beur- teilen kann. Battefeld: Wir haben von einigen unserer Kunden durchaus schon ge- hört, dass sich viele Geschäftsbanken im Zuge der jüngsten starken Kursrückgänge lieber weggeduckt haben, als das Gespräch zu ihrer Klientel zu suchen. Zu einem ähn- lichen Effekt ist es demnach auch schon im Zusammenhang mit dem Corona- Crash imMärz 2020 gekommen. Bezogen auf die Arbeitsweise in einer Bank hängt das meiner Ansicht nach durchaus mit der Art und Weise zusammen, wie die jeweili- ge Organisation ihren Vertrieb tatsächlich steuert. Unsere Maxime war stets eine an- dere, das galt schon vor zwei Jahren und gilt auch in der jüngsten Phase. Wir sind durchaus sehr aktiv auf unsere Anleger zugegangen. Nicht unbedingt, um sie zu Transaktionen zu bewegen, sondern um zu erfahren, was die Kunden eventuell beun- ruhigt und wie sie selbst die Situation ein- schätzen. Und nicht zuletzt auch, um ihnen zu signalisieren, dass ihr Portfolio, bezogen auf mögliche Auswirkungen der Krise, nach wie vor vernünftig aufgestellt ist. Wie haben Ihre Kunden reagiert? Battefeld: Wir sehen einerseits schon, dass bei einer zunehmenden Zahl unserer An- lagekunden die Bereitschaft wächst, unse- » Es kann nur sinnvoll sein, wenn man als Berater die eigene Rolle kennt und richtig einschätzt. « Andreas Beys, Sauren FOTO: © AXEL GAUBE 360 fondsprofessionell.de 1/2022 VERTRIEB & PRAXIS Roundtable | Zukunft der Beratung

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