FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

Zum Schluss würde mich Ihr Blick nach vorn interessieren. Beys: Ich möchte zum Schluss noch einmal alle Beteiligten moti- vieren, einen Blick in Richtung Politik zu werfen und wie diese die Anlageberatung eigentlich wahr- nimmt.Wie vielleicht einige hier in dieser Runde wissen, bin ich Mit- glied des Steuerausschusses und des Altersvorsorgeausschusses des BVI. Wir hatten in den letzten Jahren als eines der großen Themen ein euro- päisches Altersvorsorgeprodukt auf dem Tisch, abgekürzt Pepp, was im Deutschen für „Paneuropäisches Pensionsprodukt“ steht. Die Euro- päische Kommission hatte es ins Leben gerufen, um damit eine ein- fache, transparente, sichere und über Grenzen portable private Zukunftsvorsorge zu etablieren. Seit März kann ein solches Pepp erstmals auch hierzulande angeboten werden. Fast schon paradox mutet an, dass bisher die Finanzindustrie, aber auch der Vertrieb sich, gelinde gesagt, nicht wirklich dafür begeistern kann. Bisher gibt es euro- paweit kein einziges Pepp auf dem Markt. Nach meiner Kenntnis zeigt bisher kein einziger deutscher Lebensversicherer Inter- esse an der Auflage eines solchen Produkts. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Fondsbranche. Was sind die Gründe für ein offenbar so ausgeprägtes Desinteresse? Beys: Ich kann mir das nur so erklären, dass es Kostengründe sind, die dazu führen. Da- zu muss man wissen, dass das Produkt mit einer Kostendeckelung bei einem Prozent versehen ist. Was aus meiner Sicht als ein ziemlich eindeutiger Hinweis zu werten ist, dass bestimmte Politiker sozusagen auf den ETF-Pfad eingestiegen sind und im Endef- fekt ein Konzept geschaffen haben, das sich eben nur mit ETFs umsetzen lässt. Hier findet sozusagen auf der Ebene der Politik eine vielleicht bewusste oder auch unbe- wusste Subventionierung der ETF-Branche statt. Man hört zudem, dass es Grund zu der Annahme gibt, dass entsprechende Plä- ne in den Reihen der neuen Bundesregie- rung bestehen, den Kostendeckel des Pepp gewissermaßen als Blaupause zu verwen- den, wenn es um die Reform von Alters- vorsorgeprodukten in Deutschland geht, nach dem Motto: Hier haben wir doch schon etwas offiziell Umgesetztes, warum stülpen wir das nicht auch den reform- bedürftigen Altersvorsorgeprodukten über, die tendenziell eher von Versicherern ini- tiiert werden. Langer Rede, kurzer Sinn: Das Beispiel zeigt aus meiner Sicht, wel- chen Stellenwert die Politik am Ende der Anlage- und Vorsorgeberatung beimisst. Kalus: Im Grunde kann man sich ja noch nicht einmal darüber wun- dern. Wir müssen doch einfach den Tatsachen ins Auge blicken. Die Aufsicht, der Gesetzgeber, aber auch die Gesellschaft misstrauen der gesamten Branche. Es ist völlig egal, ob es sich um Finanzberater, Banker, Fondsmanager oder Invest- mentbanker handelt: In der Au- ßenwahrnehmung sind alle halb kriminell. Das ist im Übrigen ein länderübergreifendes Phänomen und mag teilweise Gründe haben, teilweise sind sie aber auch mehr als überzogen, und teilweise sind sie bewusst beeinflussend. Aber die Industrie insgesamt hat nach wie vor ein Imageproblem, das zum Großteil überhaupt nicht berechtigt ist. Hier liegt aber auch die Chance, über Aufklärung Einfluss auf diese Wahrneh- mung zu nehmen, um sie möglichst zu verändern. Gibt es wenigstens noch einen positiven Aspekt, was die Zukunftsperspektiven der Branche angeht? Drescher: Meiner Meinung nach schon, auch wenn es insgesamt auch künftig nach dem Motto der amerikanischen Seals ge- hen wird, wonach der einzig unbeschwerte Tag gestern gewesen ist. Zunächst einmal wird es komplexer, sowohl was die Märkte als auch die Regulierung angeht. Aber das ist natürlich dennoch ein schönes Feld für diejenigen, die dort gute Arbeit leisten. Ich habe eben erwähnt, dass die Zahl der Bera- ter abnehmen wird. Entsprechend können die Verbleibenden, so sie denn über ein möglichst gutes Geschäftsmodell verfügen, eigentlich nur profitieren.Das ist der Dank, den es für die Mühen in der Zukunft ge- ben wird. Meine Herren, haben Sie vielen Dank für die kurzweilige und aufschlussreiche Dis- kussion! HANS HEUSER FP » Sollte ein Berater von Portfoliomanagement- plänen lieber die Finger lassen? « Hans Heuser, FONDS professionell FOTO: © FONDS PROFESSIONELL ARCHIV 372 fondsprofessionell.de 1/2022 VERTRIEB & PRAXIS Roundtable | Zukunft der Beratung

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=