FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022

sich die Lage in der Zukunft wieder zum Besseren wenden kann. Und selbst wenn der Rentenfaktor niedrig bleibt, ist das nicht unbedingt ein Problem. Varianten und Berechnung Wer sich Rentenfaktoren genauer an- schaut, muss wissen, dass es sie wie oben schon erwähnt in mehreren Ausprägungen gibt. Der aktuelle Rentenfaktor gilt für Versicherungsnehmer, die ihre Rente jetzt erhalten. Einige Versicherer geben einen aktuellen Faktor auch bei Vertragsbeginn an. Allerdings ist das ein theoretischer Wert, denn er kann sich bis zur Auszahlphase ändern. Der garantierte Rentenfaktor ist dagegen derjenige, den die Gesellschaften bei Vertragsabschluss zusagen. Wie werden die Umrechnungsquoten nun kalkuliert? „Für die Berechnung des Rentenfaktors greifen die Gesellschaften auf eine Formel zurück, über die der Bar- wert der künftigen Rente mit der aktuellen Sterbetafel berechnet wird“, führt der Ver- sicherungsmathematiker und Aktuar Peter Schramm aus.Der Barwert drückt aus, wel- chen Wert alle in Zukunft zu erwartenden Zahlungen heute zusammen haben. Seine Höhe steigt, wenn der verwendete Zins sinkt. Hierzu ein Beispiel: Bei einem Satz von einem Prozent beträgt der Barwert eines Betrags von 100 Euro, der in einem Jahr fließt, rund 99,01 Euro. Wird mit einem Satz von vier Prozent gerechnet, sinkt der Barwert auf etwa 96,15 Euro. Der Versicherer rechnet also aus, was es ihn zu Beginn kostet, dem Kunden seine Rente über die vertragliche Laufzeit zu zah- len. „Bei beispielhaft 30 Jahren Laufzeit kommen 30 Werte zusammen, die zum sogenannten Rentenbarwert aufaddiert werden und auf den noch Verwaltungskos- ten geschlagen werden. Dieser Wert wird dann in den eigentlichen Rentenfaktor umgerechnet“, so Schramm. Zusammen- gefasst: Sinkt der Rechnungszins, steigt der Rentenbarwert, weil der Versicherer mehr Kapital zurücklegen muss, um die zuge- sagten Rentenzahlungen zu gewährleisten. Ein steigender Rentenbarwert wiederum schlägt sich in einem geringeren Renten- faktor nieder. Damit sinkt auch die Rente der Versicherungsnehmer. Sicherheitsabschlag Diese Rechnung gilt sowohl für den ak- tuellen wie den garantierten Rentenfaktor, wobei die Versicherer bei Letzterem einen Sicherheitsabschlag auf den aktuellen Fak- tor vornehmen, um ihre Garantiever- sprechen später einhalten zu können. „Die Gesellschaften nehmen beispielsweise nicht den Höchstrechnungszins, sondern rech- nen mit einem kleineren Wert oder even- tuell mit Null- und sogar negativen Zinsen“, so Schramm. Weitere Stellschrauben sind andere Sterbetafeln oder eine veränderte Kostenkalkulation. Die zentrale Bezugsgrö- ße ist und bleibt jedoch der Höchstrech- nungszins. Er gibt an, welche Verzinsung ein Versicherer bei klassischen Lebenspoli- cen höchstens versprechen darf. So soll si- chergestellt werden, dass er die zugesagten Leistungen auch tatsächlich erwirtschaften kann.Weil das Fondsguthaben ab der Aus- zahlphase im Deckungsstock eines Versi- cherers verrentet wird, ist der Höchstrech- nungszins auch für sie relevant. Dessen Senkung hat die Rentenfaktoren nun flächendeckend auf Talfahrt geschickt. „2021 betrug der aktuelle Rentenfaktor im Rahmen unserer Untersuchung im Schnitt 29,09 Euro, dieses Jahr nur noch 25,97 Euro – ein Rückgang von 3,12 Euro oder 10,73 Prozent!“, erläutert Jürgen Thomsen, Analyst für Altersvorsorge bei Franke und Bornberg. Zugleich haben die meisten Ge- sellschaften auch ihren garantierten Ren- tenfaktor gesenkt. „Bezogen auf alle unter- suchten Tarife, beträgt der mittlere Rück- gang 1,04 Euro“, berichtet Thomsen weiter (siehe Tabelle nächste Seite). Ein Neben- aspekt: Weil es bei den aktuellen Renten- faktoren kaum Luft nach unten gibt, da Thomas Leithoff, Impuls Finanzmanagement: „Treuhänderklauseln legen fest, wann eine Änderung des garantierten Rentenfaktors erlaubt ist.“ Jens Oliver Martin, Alte Leipziger: „Wir sind als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit unseren Kunden und damit Eignern besonders verpflichtet.“ » Für die Berechnung des Rentenfaktors greifen die Gesellschaften auf eine Formel zurück. « Peter Schramm, Aktuar fondsprofessionell.de 2/2022 297 FOTO: © STEPHANIE LEISTEN, CALEB RIDGEWAY

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