FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022

Stupsen und schubsen Viele junge Leute scheuen sich davor, das Thema Altersvorsorge in Angriff zu nehmen – obwohl sie wissen, dass es wichtig ist. Nudging ist eine Methode, um sie sanft auf Kurs zu bringen. D iese Frage hat sich so mancher sicher schon einmal gestellt: Wie werde ich wohl aussehen, wenn ich alt bin? Wer zu- mindest eine annähernde Antwort erhal- ten wollte, musste früher Fotos der Eltern aus jungen Jahren heraussuchen oder sich der eigenen Vorstellungskraft bedienen. Heute gibt es hingegen Apps, die bei diesem Blick in die Zukunft behilflich sind. Anhand eines einzigen aktuellen Fotos zeigen sie, wie der darauf Abgebilde- te mit 60, 70 oder gar 80 Jahren aussehen könnte. Die Bilder lösen bei dem einen oder anderen dann vielleicht Tatendrang aus: Jetzt aber wirklich mehr für Haut, Haar und Gesundheit tun – oder aber endlich eine Beratung über Altersvorsorge in Anspruch nehmen. In Deutschland steht das Rentensystem bekanntlich vor großen Problemen, da es immer mehr Ruheständler und immer weniger Beitragszahler gibt. Das Ergebnis: Das Rentenniveau dürfte sinken. Rund 80 Prozent ihres letzten Monatseinkommens benötigen Ruheständler, um ihren bisheri- gen Lebensstandard beizubehalten. Das durchschnittliche Niveau der gesetzlichen Rente liegt aktuell aber bei 48,2 Prozent, private Vorsorge ist also unumgänglich. Für junge Menschen liegt der Ruhestand jedoch noch in weiter Ferne, Altersvorsorge gehört zu den Themen, die sehr gern auf die lange Bank geschoben werden. Auch der Berg an komplexen Informationen, Vorsorgeangeboten sowie die Fülle an An- bietern, Anlageformen, Fördermöglichkei- ten und Produkten beschleunigen nicht gerade den Entschluss, die Sache anzu- gehen. An dieser Stelle kann die Methode des Nudgings helfen. Der Begriff „Nudging“kommt vom eng- lischen Verb „to nudge“, das „stupsen“oder „schubsen“ bedeutet. Ein „Nudge“ ist ein gezielter Stupser. Er wird verwendet, wenn Menschen sich nicht rational verhalten. So wird korrigierend eingegriffen, um einen optimalen Entschluss herbeizuführen. Da- bei wird der Angestupste zwar beeinflusst, seine Entscheidungsfreiheit jedoch nicht eingegrenzt. In der Altersvorsorge kann Nudging komplexe und schwierige Ent- scheidungen zuweilen erleichtern. Schwieriger erster Schritt „Nudges erreichen Beratungskunden zu- nächst einmal über ihr Entscheidungsum- feld“, erklärt Monika Müller, Psychologin, Gründerin und Inhaberin des Unterneh- mens FCM Finanz Coaching aus Wiesba- den. Entsprechende Informationen erhal- ten sie durch Zeitungen, Radio, Freunde oder Familie. Dies kann dazu führen, dass sich junge Leute mit Altersvorsorgemög- lichkeiten auseinandersetzen. Nehmen sie dann eine Finanzberatung in Anspruch, haben die Nudges bereits Wirkung gezeigt. „Das Problem ist allerdings, dass viele » Nudges erreichen Beratungskunden zunächst einmal über ihr Entscheidungsumfeld. « Monika Müller, FCM Finanz Coaching Eingestiegen, angeschoben – und los geht’s: Auch in der Altersvorsorge können kleine Stupser dabei helfen, junge Leute dazu zu bringen, sich mit der finanziellen Absicherung ihres Ruhestands zu beschäftigen. VERTRIEB & PRAXIS Nudging 352 fondsprofessionell.de 2/2022 FOTO: © SAM EDWARDS/KOTO | STOCK.ADOBE.COM

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