FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022

W ie kommt es dazu, dass Wertpapierport- folios Erträge erwirtschaften? Man stellt Unternehmen und Staaten Eigen- und Fremd- kapital zur Verfügung und profitiert auf diese Weise vom individuellen Unternehmenserfolg und vom generellen Wirtschaftswachstum. Weil damit auch Risiken verbunden sind, verteilt man das Kapital auf unterschiedliche Anlageklassen, wählt dabei einzelne Wertpapiere aus und verän- dert situationsabhängig die Gewichtungen der unterschiedlichen Investments. Jeder, der sich mit Kapitalanlage beschäftigt, weiß aber, dass die Auf- teilung in Anlageklassen (Asset Allocation) in diesem Zusammen- hang eine wichtige Rolle spielt. Dieses Wissen verdanken wir unter anderen dem Yale-Professor Roger Ibbotson, der 2001 die Frage stellte: „Does Asset Allocation Policy Explain 40, 90, 100 Percent of Performance?“Die Antwort lieferte er in dieser oft zitierten Arbeit, und meist wird dabei auf das Ergebnis verwiesen, wonach die Allo- kation etwa 90 Prozent der Schwankungen der Renditen von Fonds im Zeitverlauf erklärt. Es war aber ein Kollege von ihm, der 2021 leider verstorbene Yale-Investmentdirektor David F. Swensen, der 2011 in einer Vorlesung (https://oyc.yale.edu/economics/econ- 252-11/lecture-6) auf einen übersehenen Aspekt in Ibbotsons Arbeit hinwies: „In derselben Studie fand ich eine noch interessantere Schlussfolgerung, nämlich dass die Vermögensallokation tatsächlich mehr als 100 Prozent der Anlagerenditen bestimmt.Wie kann das sein, wie kann die Vermögensallokation mehr als 100 Prozent der Renditen bestimmen?“ Theoretisch, so Swensen, könne man mit- hilfe von Asset Allocation,Market Timing und Wertpapierauswahl einen „Mehrwert“ schaffen, also die Rendite eines Portfolios verbes- sern. Praktisch trage jedoch nur eines dieser drei Werkzeuge tatsäch- lich zum Erfolg bei, die anderen beiden hingegen wirken sich in der Tendenz negativ aus.Während die richtige Allokation den Ertrag steigert, kosten Market Timing und Wertpapierauswahl in der Realität Geld. Die meisten Versuche, „rechtzeitig“ ein- oder auszusteigen oder Aktie A gegen Aktie B zu tauschen, weil Letztere attraktiver ist, sind Zeit- und Geldverschwendung. Im Optimalfall kann man damit das Ergebnis verbessern, im ech- ten Leben verschlechtert man es. Swensens Über- legungen führen zu dem Schluss, dass man sich auf die Asset Allocation konzentrieren und jeden Versuch, die richtigen Zeitpunkte und die besten Wertpapiere zu finden,meiden sollte. Leider befinden wir uns in diesen Tagen wie- der in einer jener Marktphasen, in denen – scheinbar – Handlungs- bedarf besteht: Die Inflationsraten explodieren, in Osteuropa tobt ein Krieg, die Energiemärkte stehen vor einer historischen Wende, und Chinas Wirtschaft leidet unter einer Rückkehr der Pandemie. Tatsächlich ist es für Reaktionen aber längst zu spät. Richtig inves- tieren heißt, im Rahmen der Risikotoleranz eine Vermögensauftei- lung zu finden, die Ertragsziele an die ertragbaren Wertschwankun- gen anpasst. Und das allein ist schon schwierig genug. Sehr viele Anregungen dafür, wie man diese Aufgabe lösen kann, erhalten Sie ab 21. Juni am 20. FONDS professionell KONGRESS in Mann- heim.Wir hoffen, Sie wieder begrüßen zu dürfen. FP Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Gerhard Führing, Mamdouh El-Morsi Woher kommen die Erträge? Die meisten Versuche, „rechtzeitig“ ein- oder auszusteigen oder Aktie A gegen Aktie B zu tauschen, weil Letztere attraktiver ist, sind Zeit- und Geld- verschwendung. MEINUNG Brief der Herausgeber 4 fondsprofessionell.de 2/2022 FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN

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