FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022

gestiegen, sondern sogar gesunken. Ent- wicklungen in unterschiedliche Richtun- gen und scheinbar widersprüchliche Phänomene kennzeichnen derzeit die Stimmung im Immobilienmarkt. Gegenläufiges Die vielen neuen Herausforderungen erfordern eine differenzierte Betrachtung ihrer einzelnen Teilbereiche. So leiden zum Beispiel börsenno- tierte Immobilien-AGs derzeit viel stärker als andere Immo- bilieninvestments. Der Stoxx Europe 600 Real Estate hat seit Anfang des Jahres mehr als ein Drittel seines Werts eingebüßt, während etwa der DZX-I, der die – außerbörslichen – Zweit- marktkurse geschlossener Im- mobilienfonds abbildet, im selben Zeitraum um mehr als ein Drittel zugelegt hat (siehe Grafik). Immobilienaktien sind für die Börse ein schwieriges Thema. „Bei ihnen wirkt sich die Sichtweise einer Reihe von Analysten unmittelbar auf ih- ren Börsenkurs aus, der aber vom eigent- lichen Geschehen auf dem Immobilien- markt abgekoppelt ist,“ sagt Jochen Schenk, Vorstand der Real IS, die zum Konzern der Bayern LB gehört. Jan-Peter Schmidt, Vorstand der Deut- schen Zweitmarkt, die den DZX-I anbietet, erläutert die Gegenläufigkeit der beiden Kurven folgendermaßen: „Der DZX-I be- trachtet ausschließlich geschlossene Immo- bilienfonds – also unternehmerische Betei- ligungen an einem realen Sachwert mit relativ gut prognostizierbaren Eckdaten.“ Demgegenüber bilde der Stoxx Europe 600 Real Estate die Bewertungen von sehr heterogenen Unternehmen aus dem euro- päischen Immobiliensektor ab. So seien beispielsweise mit Vonovia ein Wohnungs- bestandshalter dabei, mit Swiss Prime Site ein Investmenthaus oder mit Rightmove ein Anbieter grenzüberschreitender Mak- lerdienstleistungen. „Dahinter liegen nicht wirklich vergleichbare Assets“, sagt Schmidt. „Es zeigt sich, dass die Immobilienfonds, die nicht börsennotiert sind, also die illiqui- den Immobilienfonds, jetzt einen erhebli- chen Stabilitätsbeitrag im Portfolio bieten“, pflichtet ihm Schenk bei. Verteuerung Im Vorgriff auf die EZB-Leitzinserhö- hung im Juli dieses Jahres stie- gen die Baufinanzierungszin- sen bereits seit Anfang des Jah- res kräftig an und haben sich binnen weniger Monate von rund einem auf rund drei Pro- zent glatt verdreifacht. Das ver- teuert die Finanzierung von Immobilienkäufen erheblich, was eigentlich dazu führen müsste, dass die Kaufpreise sinken. Zugleich mangelt es jedoch an Baumaterial und Fachkräften, was die Preise wiederum anziehen lässt. Es kommt folglich je nach Lage und Segment zu unterschiedli- chen Auswirkungen der Zins- änderung auf den Kaufpreis ei- Thomas Beyerle, Catella Property Valuation: „Wir sind in der Wendepunktphase an den Immobilienmärkten angekommen.“ Jan-Peter Schmidt, Deutsche Zweitmarkt: „Der DZX-I betrachtet reale Sachwerte mit relativ gut prognostizierbaren Eckdaten.“ Gegenläufig Immobilienaktien vs. Zweitmarkt für geschlossene Immobilienfonds Zwei Immobilienindizes – zwei völlig konträre Entwicklungen. Der Grund: Die Assets dahinter sind nicht vergleichbar. Quellen:DeutscheBörse,DeutscheZweitmarkt 120 130 140 150 160 170 180 190 200 Aug I Juli I Juni I Mai I April 2022 I März I Feb I Jan I 1360 1380 1400 1420 1440 1460 1480 1500 1520 1540 Stoxx Europe 600 Real Estate DZX-I » Hier herrscht ökonomi- sche Lehrbuchkultur. « Jochen Schenk, Real IS SACHWERTE Immobilienmarkt 200 fondsprofessionell.de 3/2022 FOTO: © MATS LUNDQVIST | CATELLA PROPERTY VALUATION, DENNIS REHER | DEUTSCHE ZWEITMARKT

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