FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022

sondere die Ausbildung zum noch höher- wertigen „Versicherungsfachwirt“. Die Gewinnung qualifizierten Personals wird in einer alternden Gesellschaft zur Schlüs- selfrage für das Wachstum und den wirt- schaftlichen Erfolg unserer Mitglieder. Stichwort Nachwuchsgewinnung: Wie wirkt sich die zunehmend virtuelle Beratung seit Beginn der Pandemie aus? Die virtuelle Beratung ist nur ein Baustein, um mit Kunden vernünftig in Kontakt zu kommen. Sie wird aber die Kommunika- tion vor Ort nicht gänzlich ablösen kön- nen. Die Betriebsbesichtigung einer Groß- tischlerei über „Zoom“ stößt eben doch an ihre Grenzen. Gleiches gilt für die Besichti- gung bei Schäden, etwa nach einem Brand. Im Kern wird es darum gehen, die Versi- cherungsvermittlung vom Image des Ver- triebs zu entfernen und mehr darauf hin- zuarbeiten, dass Makler eine Art Risiko- manager sind. Ein solches Berufsbild ist dann auch für junge Menschen attraktiv. Die Unabhängigkeit des Maklers wird immer wieder politisch in Frage gestellt, sei es über Provisionsdeckel, Provisionsricht- werte oder gar ein Provisionsverbot. Droht demMakler das Aus? Nein. Die Instrumente Provisionsdeckel und Provisionsrichtwerte sollen unserer Ansicht nach nur dazu dienen, die Exzesse bei der Abschlussprovision im Lebensver- sicherungsbereich in den Griff zu bekom- men. Im Kompositgeschäft mit laufender Vergütung denkt keiner an die Abschaf- fung der Courtage. Das Niedrigzinsumfeld hat in der Lebensversicherung die Frage verschärft, wie teuer Vertrieb und Provision sein dürfen. Mit dem ursprünglich vorge- schlagenen Deckel von vier Prozent hätten wir kein Problem gehabt, wenn den Ver- sicherern nicht zugleich erlaubt werden sollte, den Makler als Sachwalter des Kun- den zu kontrollieren. Was würde bei einemWechsel von Cour- tage zu Honorar passieren? Hauptleidtragende im Lebensbereich wären die „normalen“ Kunden, wie Erfah- rungen aus dem Ausland zeigen. Breite Bevölkerungskreise sind dort in ein Bera- tungsloch gefallen, auch weil Kunden eben nicht ohne Weiteres bereit sind, für gute Beratung zur Absicherung und zum Ver- mögensaufbau 750 oder 1.000 Euro zu be- zahlen. Bei den meisten liegt die Schmerz- grenze bei rund 100 Euro. Damit lässt sich aber keine vernünftige Beratung durch qualifiziertes Personal realisieren, von den Kosten für Verwaltung und Regulierung ganz abgesehen. Dennoch ist die rechtliche Konstruktion, dass der Makler vom Versicherer vergütet wird – und dies nur bei erfolgreicher Vermittlung –, angreifbar und deutet auf Abhängigkeit hin. Die Vergütung des Maklers wird nur bei der Abschlusscourtage diskutiert, weil hier vomGrundsatz her eine Einmalzahlung er- folgt, von der die Gefahr einer höheren An- reizwirkung ausgeht. Im Kompositbereich mit seinen laufenden Courtagen stellt sich diese Frage nicht. Die Honorarberatung ist imÜbrigen beimMassengeschäft nicht bil- liger. Dies hängt damit zusammen, dass in der Courtage eine Art Quersubventionie- rung steckt, was Otto Normalverdiener preislich deutlich entgegenkommt. Wenn Honorarberatung ein Allheilmittel wäre, müssten Versicherungsberater kein Nischen- dasein fristen. Die Alternative zur Courtage wären für die Masse Zwangssysteme ohne Beratung, die auf individuelle Bedürfnisse naturgemäß nicht eingehen können. Der Verband schlug vor geraumer Zeit als Kompromiss ein neues Vergütungsmodell für Lebenspolicen vor. Wie ist der Stand? Wir hatten einen Versicherer gewonnen, der dieses Modell mit mehr laufender Be- treuungsvergütung und weniger Abschluss- anteil umsetzt. Die Bafin hätte sicherlich nichts einzuwenden gehabt, weil die Be- treuung ja eine werthaltige Leistung ist und diese nicht wie die reine Abschluss- provision vorfinanziert wird. Leider hat sich dieses Modell bisher nicht durchge- setzt – eine Vielzahl von Maklern bevor- » Breite Bevölkerungs- kreise sind in ein Bera- tungsloch gefallen. « Hans-Georg Jenssen, BDVM FOTO: © JOST FINK 240 fondsprofessionell.de 3/2022 FONDS & VERSICHERUNG Hans-Georg Jenssen | BDVM

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