FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022

schreiben die Autoren. So könnte der Bei- tragssatz für die soziale Pflegeversicherung bis über 2040 hinaus auf heutigemNiveau stabilisiert werden. Der Zurückhaltung der Verbraucher, die das Problem der Pflegefälle allgemein zwar anerkennen, aber nur selten auf sich per- sönlich beziehen, ist nur schwer beizukom- men. Ein Weg führt über die betriebliche Krankenversicherung (bKV), deren Verbrei- tung seit Kurzem deutlich zunimmt (siehe FONDS professionell 4/2021, Seite 271). Fast 1,6 Millionen Arbeitnehmer und de- ren Angehörige profitieren von privaten Gesundheitsleistungen, darunter auch gut 400.000 Pflegetagegeld-Begünstigte durch die neue Chemie-Pflegeabsicherung (Care- flex Chemie), schätzt der PKV-Verband. Detaillierte Analyse Maklern fällt es oft schwer, für ihre Kun- den eine gute Pflegepolice zu finden.Häu- fig hat sich Heidekamp in den vergange- nen Jahren über das Kleingedruckte in den Verträgen geärgert. Trotz guter Ratingergeb- nisse der Tarife fand der Inhaber der Kanz- lei Heidekamp bei eingehender Prüfung der Bedingungen oft mehr als ein Haar in der Suppe. „Mal hatten Kunden keinen Anspruch auf Leistungen, weil Versicherer die Voraussetzungen zu schwammig formulierten, mal wurden Leistungen nur in Werbeunterlagen zugesagt, nicht jedoch im Bedingungs- werk“, sagt der Sachverständige, der auch als Makler arbeitet. Irgendwann reichte es dem Berliner. Weil er nicht länger sehenden Auges in die Berater- haftung geraten wollte, gründe- te er Fairtest und betätigte sich auch als Analyst. Aktuell sind Pflegezusätze von ihm zu über 200 Schwerpunktfragen bewer- tet und über 1.200 Qualitäts- merkmale bei den Bedingun- gen herausgearbeitet worden. „Dies schaffen Ratings so nicht“, sagt Hei- dekamp, der auch „Höchstleistungstarife“ (siehe Kasten nächste Seite) auszeichnet. Bei privaten Pflegezusatzpolicen gibt es im Prinzip drei Möglichkeiten, die poten- zielle Finanzierungslücke zu schließen. Die PKV hat rund 3,04 Millionen private und 900.000 staatlich geförderte Pflegetagegeld- Policen (Pflege-Bahr) im Bestand. Sie kon- kurrieren mit Pflegerenten der Lebensver- sicherer (244.000 Verträge). Hinzu kom- men die von der PKV offerierten rund 360.000 Pflegekostenversicherungen, bei denen der Anbieter einen Anteil jener Kos- ten übernimmt, die die gesetzliche Absi- cherung nicht bezahlt. Im Unterschied zu diesen Verträgen haben Pflegerente und Tagegeld den Vorteil, dass sie zur freien Ver- fügung des Versicherten stehen und auch für „Hotelkosten“ im Pflegeheim verwen- det werden können. Eine Pflegerente ist zwar deutlich teurer als das Tagegeld, dafür aber sehr resistent gegen Beitragserhöhun- gen und ohne Wartezeiten zu haben. Verunsicherte Kunden Häufig summiert sich die Finanzlücke im Pflegefall auf 1.500 Euro im Monat und mehr. Dennoch hat mit 4,5 Millionen Abschlüssen nur jeder vierte potenziell Be- troffene eine private Zusatzversicherung. „Das lässt sich zum Teil mit der Verunsi- cherung der Kunden im Zusammenhang mit höheren Beitragsanpassungen in der Vergangenheit erklären“, meint Alexander Kraus, Fachkoordinator Krankenversiche- rung bei der Ratingagentur Assekurata. „Mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz erhöhte sich 2017 zum Beispiel schlag- artig die Zahl der Anspruchs- berechtigten“, so Kraus.Die An- passung sei jedoch zu gering bemessen gewesen, sodass eine Nachkalkulation nötig war, die seit 2020 wiederum zu hohen Beitragsanpassungen geführt habe. Im Durchschnitt kletter- ten die Monatsbeiträge im Be- stand der Pflegetagegeldversi- cherung laut Assekurata 2017 um 10,9 Prozent und 2020 sowie 2021 jeweils um rund 9,5 Prozent. Für 2022 rechnen Ein Land vergreist Anteil der Altersgruppen in Deutschland Schon in nicht allzu ferner Zukunft wird mehr als jeder vierte Bundesbürger 67 Jahre oder älter sein. Quelle:StatistischesBundesamt,14.koordinierteBevölkerungsvorausberechnung 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 2060 2050 2040 2030 2020 2010 2000 1990 Unter 20 Jahre 20-66 Jahre 67 Jahre und älter 13,0 27,4 % 26,3 % 26,0 % 22,9 % 19,4 % 18,7 % 14,3 » Meist gelingt es nur mit einer Zusatz- versicherung, die Pflege- lücke zu schließen. « Bert Heidekamp, Sachverständiger fondsprofessionell.de 3/2022 287 FOTO: © UWE TÖLLE

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