FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022

Gefährliche Freiheit Decentralised Finance – kurz Defi – ebnet den Weg zu Finanz- dienstleistungen für jeden ohne zentrale Instanzen wie Banken. Doch das Versprechen der kurzen Wege birgt auch Risiken. D ie schöne neue Kryptowelt ist in den letzten Monaten aus den Fugen gera- ten. Der Kurs des Bitcoin ist regelrecht abgestürzt, und auch einige Unternehmen, die sich im Umfeld der Digitalwährungen tummeln, sind unter die Räder gekom- men. So rutschte beispielsweise die Krypto- bank Celsius in die Insolvenz, und es ist offen, ob die Gläubiger ihr Geld jemals wiedersehen. Celsius zahlte Anlegern, die ihre Kryptowerte bei der Bank deponier- ten, hohe Zinsen und verlieh diese Werte dann an Hedgefonds. Diese wiederum spe- kulierten mit den digitalen Devisen oder investierten sie in Unternehmen aus der Kryptoszene.Der Kursverfall machte einige dieser Wetten zunichte. Auch das deutsche Fintech Nuri, das Einlagen an Celsius ver- mittelt hatte, geriet in den Strudel und meldete im Sommer ebenfalls Insolvenz an. Peer-to-Peer-Technologie Aktuell spürt der gesamte „Defi“-Bereich den rauenWind. „Decentralised Finance ist ein Sammelbegriff, der verschiedene Anwendungen von blockchainbasierten Peer-to-Peer-Technologien im Finanzbereich beschreibt.Man kann hier die Zukunft des Kapitalmarktes schon heute im Kleinen betrachten“, sagt Philipp Sandner, Professor an der Frankfurt School of Finance &Ma- nagement. Darunter können beispielsweise Handelsplattformen fallen, aber auch Teile des Asset Managements. „Entscheidend da- bei ist, dass jegliche Transaktionen ohne Mittelsmann direkt auf einer Blockchain ausgeführt werden“, erläutert Sandner. Die Finanzdienstleistungen werden im Kollektiv beziehungsweise direkt zwischen den einzelnen Marktteilnehmern ausge- tauscht, zum Beispiel zwischen Investor und Darlehensgeber auf der einen und Darlehensnehmer auf der anderen Seite. Angebote aus dem Defi-Bereich richten sich gegenwärtig überwiegend an Privat- anleger, doch bald sollen auch die Institu- tionellen zum Zug kommen. „Mittlerweile gibt es auch erste Angebote für professio- nelle Investoren“, weiß Sandner. „Aktuell ist Defi leider noch etwas zu komplex, um Mainstream-Akzeptanz zu erreichen, doch in wenigen Jahren wird sich dies ändern. Dann wird es einfacher möglich sein, seine Finanzen mithilfe von verschiedenen Defi- Protokollen selbst zu verwalten.“ Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Digital über die Blockchain kann quasi alles gehandelt werden. „ImGrunde gibt es nichts, was es nicht gibt und was sich nicht auf die eine oder andere Art technisch über einen Token abbilden lässt und damit einer Investition über Decentralised Inves- ting zugänglich gemacht werden kann“, er- klärt Timo Bernau, Partner bei der Münch- ner Kanzlei GSK Stockmann.Das Angebot reicht von Aktien über Oldtimer und Kunst bis hin zu Uhren. Einschränkungen » Die Anleger setzen sich auf ein doppeltes Pulverfass. « Niels Nauhauser, Verbraucher- zentrale Baden-Württemberg Die gelangweilten Affen aus dem „Bored Ape Yacht Club“ haben es zu einiger Berühmtheit gebracht. Die Profilbilder sind ein Beispiel dafür, was in der „Decentralised Finance“- Welt alles tokenisiert werden kann. BANK & FONDS Decentralised Finance 396 fondsprofessionell.de 3/2022 FOTO: © ALEXANDARILICH | STOCK.ADOBE.COM

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=