FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022

Zaghaftes Coaching Seit rund einem Jahr bietet die ING in Deutschland eine Anlageberatung an. Doch das Angebot wird nur sehr zögerlich angenommen – auch weil die Direktbank es kaum vermarktet. W ir wollen unseren Sparkunden da- bei helfen, Anleger zu werden“, ver- kündete Daniel Llano Manibardo, Privat- kundenvorstand der ING Deutschland, vor gut zwei Jahren im Interview mit FONDS professionell. Damals plante die neun Mil- lionen Kunden starke Direktbank den Ein- stieg in die Wertpapierberatung. Bis dato fokussierte man sich im Retailgeschäft auf Baufinanzierungen, Giro- und Sparkonten. Im Frühjahr 2021 war es dann so weit: Die Bank startete mit zehn „Anlagecoaches“, die den Kunden die Vorteile von Wertpa- pieren schmackhaft machen sollten. Die Mitarbeiter, allesamt Anlageberater mit Bafin-Registrierung, sitzen jedoch nicht in einer Filiale, sondern stehen potenziellen Anlegern per Telefon, via Webcam oder im Chat zur Verfügung. Sie beraten auch nur, wenn der Kunde es wünscht. Ansonsten durchläuft der Anleger die digitale Bera- tungsstrecke im Internet selbstständig. Bei Bedarf findet der Kunde gemeinsam mit dem Coach heraus, welcher Anleger- typ er ist. Anschließend erhält er eine Emp- fehlung mitsamt Geeignetheitserklärung. Die angebotene Produktauswahl ist jedoch sehr übersichtlich: In der sogenannten „Komfort-Anlage“ stehen lediglich sieben Zielfonds der ING-World-Fund-Reihe mit unterschiedlich hoher Aktienquote zur Wahl. Für die Fondsanlage fallen jährlich 0,99 Prozent Gesamtkosten an. Grundbe- dingung ist die Eröffnung eines Giro- oder Tagesgeldkontos. Zudem stehen die Berater nur für neue Abschlüsse und nicht zur Portfoliooptimierung zur Verfügung. „Bisher wurden über die Komfort-Anla- ge 142 Millionen Euro investiert“, berichtet Ilse Munnikhof, Leiterin des Bereichs In- vestment Advice bei der ING Deutschland. Für ein ganzes Jahr ist das ein eher ernüch- terndes Ergebnis, vor allem mit Blick auf die jüngsten Absatzerfolge anderer Banken im Wertpapier- und Fondsgeschäft. Auch innerhalb der ING führt das Ergebnis der Anlageberatung wahrscheinlich nicht zu Freudensprüngen, schließlich ist das Depot- volumen der übrigen Kunden im letzten Jahr sehr deutlich von etwa 57 auf 79 Mil- liarden Euro gestiegen. Allein im Fonds- bereich konnte der Absatz um rund zehn Milliarden erhöht werden. Novizen erreicht An der Mindestanlagesumme kann die Flaute nicht gelegen haben. Diese senkte die Bank zwischenzeitlich von 50.000 auf aktuell einen Euro. Erstaunlicherweise nutzten anfangs viele „alte Hasen“, die bereits ein Wertpapierdepot bei der ING führten oder ein Konto beim Koopera- tionspartner Scalable Capital besitzen, die Anlagecoaches. In den vergangenen Mona- ten ist es jedoch geglückt, auch Wertpapier- novizen zu erreichen. „Wir beobachten in letzter Zeit verstärkt, dass durch die Gesprä- che mit den Coaches immer mehr Kun- den investieren, die bisher noch keine oder » Ich sehe einen Kannibalismuseffekt zulasten der ING. « Klaus Fleischer, Hochschule München Dirk Nowitzki ist der mit Abstand prominenteste Werbepartner der ING in Deutschland. Der ehemalige Bas- ketballprofi hat maßgeblich dabei geholfen, den großen Kundenstamm der Direktbank aufzubauen. BANK & FONDS Anlageberatung 414 fondsprofessionell.de 3/2022 FOTO: © ING-DIBA

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