FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022

Wichtig für das Verständnis von Service- gebühren ist, dass ihr Angebot auf dem unternehmerischen Kalkül der Vermittler beruht. Hierzu muss man erklärend vor- wegschicken, dass eine Anlageberatung kein Dauerschuldverhältnis zwischen Bera- ter und Kunde konstituiert. „Sobald die Empfehlung ausgesprochen und das Pro- dukt vermittelt ist, hat der Berater keine ge- setzlichen Verpflichtungen mehr“, erläutert Mertens.Wenn Berater nach Abschluss der Produktvermittlung mit dem Kunden eine dauerhafte Geschäftsbeziehung haben und dafür regelmäßig Geld vom ihm erhalten möchten, müssen sie im Gegenzug eine Dienstleistung anbieten. Bei Honorar-Finanzanlagenberatern gemäß Paragraf 34h Gewerbeordnung (GewO), die nur vom Kunden bezahlt wer- den, leuchtet das direkt ein. Bei Finanzan- lagenvermittlern mit Erlaubnis nach Para- graf 34f GewO ist die Lage verzwickter, da sie von den Fondsgesellschaften eine lau- fende Bestandsvergütung erhalten, die aber kein Entgelt für die Kundenbetreuung ist, sondern eine Abschlussfolgeprovision. Da- her sind mit ihr keine Pflichten gegenüber dem Kunden verbunden. Wollen sich Ver- mittler mit der Bestandsprovision nicht zufriedengeben, müssen auch sie laufende Services gegen Gebühr vereinbaren; wer ETFs oder provisionsfreie Anteilsklassen vertreibt, hat ohnehin keine andere Wahl. Ein Stück Unabhängigkeit Außerdem machen sich 34f-Vermittler mit einer solchen Vergütung, die Mertens zufolge nicht gegen die Finanzanlagenver- mittlungsverordnung verstößt, unabhängi- ger von Produktanbietern und anderen Gliedern der Vertriebskette wie Fondsplatt- formen und Maklerpools, die die Provi- sionssätze eigenmächtig ändern können (siehe auch FONDS professionell 2/2022, Seite 312). Ferner sind Servicegebühren eine gute Absicherung für den Fall, dass sich die Politik eines Tages doch für ein vollständiges Provisionsverbot entscheiden sollte. Auch für Kunden können Service- entgelte sinnvoll sein, nehmen sie ihrem Vermittler doch den Anreiz, das Portfolio nur deshalb umzuschichten, um neue Aus- gabeaufschläge vereinnahmen zu können. Zivilrechtliche Vereinbarung Rechtlich handelt es sich bei Service- gebührenvereinbarungen um zivilrechtli- che Verträge. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt Jurist Mertens zufolge ent- sprechende Kontrakte zwischen zwei Par- teien in Paragraf 675 BGB als sogenannte „entgeltliche Geschäftsbesorgung“. Damit gehen eine Reihe an Pflichten einher: „Ser- vicegebühren fallen für Dauerleistungen an, die der Vermittler auch dauerhaft er- bringen muss.Wenn er etwa krankheitsbe- dingt ausfällt, dann darf er die Gebühr auch nicht abrechnen, oder er muss dafür sorgen, dass jemand anders einspringt“, betont Christoph Küppers, Syndikusrechts- anwalt bei BN & Partners Capital. Aller- dings lassen sich bestimmte Angebote wie eine Verlustschwellenüberwachung laut Küppers zumindest teilweise automatisie- ren. Die Pflichten des Vermittlers haben aber noch weitere Konsequenzen: Wenn ein Vermittler seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt und ein Kunde deshalb einen finanziellen Schaden erleidet, kann er ihn auf Schadensersatz verklagen. „Die Chan- cen auf Erfolg stehen zumindest nicht schlecht“, meint Mertens. Freie Vertragsgestaltung Auf der anderen Seite ermöglicht das Gesetz, dass Berater in der Ausgestaltung der Vereinbarungen und der Services grundsätzlich frei sind, wenngleich sich in der Praxis nur zwei Grundvarianten von Servicegebührenvereinbarungen finden: Mehr und mehr 34f-Berater verzichten komplett auf Provisionen und vereinbaren stattdessen mit den Kunden eine Service- gebühr, teilweise unter Anrechnung der Bestandscourtage. Diese Verrechnungs- möglichkeit nutzen zum Teil auch 34h-Be- rater. „Die Finanzanlagenvermittlungsver- ordnung besagt zwar, dass ein 34h-Berater sämtliche Zuwendungen an seine Kunden auskehren muss. Eine Verrechnung mit einem vereinbarten Honorar ist aber eine Auskehrung“, ist Mertens überzeugt. Ob das jede Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Aufsichtsbehörde so sieht, ist aller- dings nicht ausgemacht. Die anderen 34f-Berater vereinnahmen weiter Bestandsprovisionen und verlangen zusätzlich eine Servicegebühr. „Die meisten Vermittler nutzen Servicegebühren in Ver- bindung mit Rabatten bei den Ausgabeauf- schlägen. Einige arbeiten nur mit Service- gebühren und verzichten vollständig auf Ausgabeaufschläge, andere arbeiten mit Kombinationen aus beidem“, berichtet etwa Tim Bröning, der bei der Fonds Finanz das Investmentgeschäft verantwor- tet, über die Vorgehensweise der Partner des Münchner Maklerpools. „Zusätzlich erhalten die Vermittler bis auf einzelne » Je höher die Provision, desto geringer das Serviceentgelt – und umgekehrt. « Alexander Lehmann, Fondskonzept fondsprofessionell.de 3/2022 431 FOTO: © FONDSKONZEPT

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