FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2022

Das ökologische Bewusstsein nimmt zu, immer mehr Anleger orientieren sich an ESG-Kriterien. Über Zweifel an deren Klima- wirkung und über „gestrandete Assets“ sprach die Redaktion mit Hannah Helmke, Gründerin der Unternehmensberatung Right. S ogenannte Klimapfade sollen Wege aufzeigen, eine Immobilie oder ein komplettes Investmentportfolio bis 2050 klimaneutral zu machen. Einfacher gesagt als getan, und die Gefahr, damit zu schei- tern, ist groß. Hannah Helmke und ihr Unternehmen Right bieten Klimakenn- zahlen für Wirtschaft und Finanzen und erarbeiten mit ihren Kunden wissenschafts- basierte Strategien, um das in Paris beschlos- sene Ziel zu erreichen, die globale Erder- wärmung bei 1,5 Grad Celsius zu stoppen. Frau Helmke, wann gilt ein Asset aus Klimaperspektive als „gestrandet“? Hannah Helmke: Wenn es mehr Emissio- nen verbraucht, als ihm gemäß Budget- verteilung zustehen. Sie können das mit einem Insolvenztatbestand vergleichen – wenn ein Unternehmen so stark verschul- det ist, dass der Wirtschaftsprüfer keine positive Fortsetzungsprognose mehr gibt. Was sagt der Gesetzgeber, wann es sich um ein „Stranded Asset“ handelt? Der gesetzliche Rahmen orientiert sich zunehmend am übergeordneten Ziel des Pariser Klimaabkommens, das lautet, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Cel- sius zu begrenzen, im Idealfall bei 1,5 Grad. Diese Anforderung finden Sie immer häufiger in Gesetzestexten festgeschrieben, die vorgeben, wie Unternehmen jetzt ihre wirtschaftlichen Aktivitäten organisieren und ausrichten müssen. Welches konkrete Gesetz wäre da zu nennen? Nehmen Sie zum Beispiel den Artikel 9 der Offenlegungsverordnung, die vor- schreibt, dass ein Anbieter eines klimabezo- genen Impact-Produkts auch dessen Kon- formität mit den Pariser Klimazielen nach- weisen muss. Das ist bei Real-Asset-Invest- ments nicht ganz ohne, weil es hier keine Referenzpfade mit Benchmarks gibt, die sich an den Pariser Zielen orientieren. Wie der Nachweis konkret geführt werden muss, lässt die Offenlegungsverordnung aber offen. Ja, das legt der Gesetzgeber in die Verant- wortung dessen, der für sich beansprucht, einen Impact zu erzeugen. Er muss dar- legen, wie er diesen Anspruch erfüllt. Der Nachweis ist also als Bringschuld des Anbieters eines Impact-Fonds zu verstehen. Die Branche ist damit komplett überfordert. Es gibt zwar viel guten Willen, aber den Nachweis kann doch kaum einer ernsthaft führen. Das stimmt leider, und es erklärt auch die große Zurückhaltung bei der Neuauflage von Artikel-9-Produkten. ImMarkt ist dies- bezüglich eine große Hilflosigkeit zu beob- achten – und die Angst, dass einem der Status des Artikel 9 wieder aberkannt wer- den könnte. Umso wichtiger ist, mit Me- triken und Modellen zu arbeiten, die die Klimawirkung zum Beispiel einer Immo- bilie direkt in einer Gradzahl ausdrücken. Damit kann man eindeutig zeigen, welche Klimawirkung eine Immobilie hat, und man kann nachweisen, dass die Maßnah- men dazu führen, dass 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Lösungen für dieses Problem sind da, sie müssen nur genutzt werden. „Viele Immobilieneigentümer sanieren ins Blinde “ » Wir werden eine Art regulatorische Disruption erleben. « Hannah Helmke, Right SACHWERTE Hannah Helmke | Right 206 fondsprofessionell.de 4/2022

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