FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2022

Schwere Last Die Zinsen steigen – und hellen die Ertragsaussichten für Banken auf. Doch zugleich treibt die Inflation die Kosten in die Höhe. Dies trifft Deutschlands Institute an ihrem wunden Punkt. D ie Wende ist eingeleitet, die Zinsen steigen. Damit scheint die lange wäh- rende Phase der Niedrig- und Negativsätze passé. Diese Dürrezeit hatte Bankmanager nahezu einhellig über die dürftige Lage lamentieren lassen. Doch die hohe Infla- tion und der drohende Konjunkturab- schwung trüben die Freude. Denn bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Kosten für die Institute in die Höhe schnellen. Zunächst einmal sendet die Wende bei den Leitsätzen positive Signale. „Banken gehören zu den wenigen Sektoren, die von höheren Zinsen profitieren, da diese einen direkten Anstieg der Gewinne bewirken“, erläutert Stéphane Monier, Investmentchef im Private Banking des Genfer Instituts Lombard Odier. Banken verdienen ihr Geld in der Regel mit der Differenz zwi- schen dem, was sie von Kreditnehmern für Darlehen verlangen, und dem, was sie Spa- rern für Einlagen zahlen. „Da sie gewöhn- lich von den Zinserhöhungen mehr auf die Kreditnehmer abwälzen, als sie an die Sparer weitergeben, führen höhere Zinsen zu einem direkten Anstieg ihrer Gewinne“, führt Monier aus. Grundsätzlich hellt sich damit der Aus- blick für die Branche auf. „Die europäi- schen Banken mussten sich jahrelang mit Negativzinsen herumschlagen“, so der Investmentstratege. „Das heißt, die Erträge sind seit fast einem Jahrzehnt nicht gestie- gen, obwohl das Kreditvolumen jährlich um etwa drei Prozent gewachsen ist.“ Dies habe nun begonnen, sich zu ändern. So kletterten die Nettozinserträge ausgewähl- ter europäischer Finanzinstitute im ersten Halbjahr 2022 um gut zehn Prozent, zeigt eine Analyse der Ratingagentur Moody’s. Die Zeitenwende zeichnet sich nicht nur im gesamteuropäischen Rahmen ab. Spe- ziell die deutschen Geldinstitute beflügelt der Rückenwind. Die Topinstitute Deut- sche Bank und Commerzbank erzielten der Moody’s-Analyse zufolge gar eine Stei- gerung der Nettozinserträge in den ersten sechs Monaten um 15 Prozent gegenüber Vorjahr (siehe Grafik „Überraschende Ge- winner“ auf der nächsten Seite). „Grund- sätzlich profitiert das deutsche Bankensys- tem von den steigenden Zinsen“, sagt Swen Metzler, Analyst bei Moody’s. „Die Banken konnten im ersten Halbjahr Kredite zu höheren Zinsen ausreichen. Demgegen- über waren ihre Zinskosten noch gering.“ Tragende Säule Die schlechten Nachrichten zum Krieg in der Ukraine, zu Konjunktur und Infla- tion würden sich noch nicht widerspiegeln. „Kennzahlen wie die Profitabilität oder die Kreditqualität sind nach wie vor gut“, so Metzler. Zudem nahm das Kreditvolumen noch einmal deutlich zu, wie die Bundes- bank-Statistik für das erste Halbjahr 2022 zeige. Dies habe am Ende zu steigenden Nettozinserträgen geführt. Und gerade im » Grundsätzlich profitiert das deutsche Bankensystem von den steigenden Zinsen. « Swen Metzler, Moody’s Üppige Ladung: Die hohe Teuerung führt zu Zinsanhebungen. Zugleich schnellen aber die Kosten in die Höhe. Und der hohe Aufwand gilt als hartnäckige Schwachstelle der deutschen Bankenwelt. BANK & FONDS Zinswende 424 fondsprofessionell.de 4/2022 FOTO: © MARIEXMARTIN | STOCK.ADOBE.COM

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