FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2023

Mit zinsgünstigen Darlehen und Tilgungszuschüssen soll bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Das kann ein gutes Investment sein. Bei der Einschätzung der Rahmenbedingungen gehen die Meinungen jedoch weit auseinander. W ohnungsnot, explodierende Kosten, Zinswende. Der Bedarf an Wohn- raum, zumal bezahlbarem, ist ungebrochen hoch. Kann geförderter Wohnungsbau mit seinem sozialen Anliegen und zahlreichen Au agen ein vernünftiges Investment sein? Ja, sagen zwei einschlägige Investoren. Aber für den einen ist die Zeit, hier Chancen nutzen zu können, vorbei, für den anderen fängt sie gerade erst richtig an. FONDS professionell hat Thomas Meyer von Wertgrund und David Peter von Connex Immobilien zum Gespräch gebeten. Welche Erfahrung haben Sie bisher mit gefördertem Wohnraum als Investment gemacht? Thomas Meyer: Wertgrund hat seit 2010 in gefördertenWohnraum– Bestand undNeu- bau – investiert, und bis vor etwa einem Jahr hatten wir dafür ja auch ein günstiges Umfeld: Das Zinsniveau war sehr niedrig, und Alternativanlagen boten kaum Rendi- te. Bis dahin haben wir knapp 1.000 geför- derte Wohnungen für eigene und fremde Fondsprodukte gekauft. Aber wegen der veränderten Rahmenbedingungen nehmen wir inzwischen komplett Abstand vom Neugeschäft mit gefördertem Wohnungs- bau, verwalten nur noch die zirka zwölf Prozent in unseren Fonds und stellen die noch laufenden Projekte fertig. David Peter: Wir haben öffentlich geförder- te Bestandsimmobilien, die 15 bis 20 Jahre alt waren, gekauft. Bei denen lösten wir dann die Förderkredite ab, woraufhin sich jeweils eine zehnjährige Nachbindefrist an- schließt.Wir konnten darüber einen relativ jungen Sachwert zu relativ niedrigen Ein- standspreisen erwerben. Zwischenzeitlich hatten wir einen Anteil von 25 Prozent ge- fördertemWohnbau im Bestandsportfolio. Inzwischen investieren wir aber weniger in Bestandsgebäude, sondern eher in die Pro- jektierung von sozial gefördertemNeubau. Woher rührt der Strategiewechsel? Peter: Durch die gestiegenen Zinsen ist eine Ablöse öffentlicher Mittel bei Bestandsge- bäuden nicht mehr zweckdienlich. Über Neubauprojekte in Verbindung mit der aktuellen Novellierung der Förderungs- richtlinien und inzwischen wieder vernünf- tig gewordenen Grundstückspreisen kann man hingegen noch kostengünstig an rela- tiv neuen Wohnraum kommen. Meyer: Vor zwei, drei Jahren akzeptierten Anleger noch zwei oder zweieinhalb Pro- zent Rendite bei gefördertem Wohnungs- bau. Jetzt erwarten sie eine Drei oder eine Vier vorm Komma, weil sie für zwei bis drei Prozent Rendite Bundesanleihen kau- fen können. Das führt momentan bei den Investoren zu Zurückhaltung bei Immo- bilien allgemein und im Speziellen beim geförderten Wohnungsbau. Peter: Ich sehe das genau umgekehrt.Durch das gestiegene Zinsniveau werden ja viele Projektentwickler dazu gedrängt, auf den geförderten Wohnungsbau umzusteigen, damit sie ihre Bauaktivität überhaupt auf- rechterhalten können. Und es geht nicht nur um vergünstigte Kredite. Wer Sozial- wohnungen baut, bekommt auch Til- gungszuschüsse und muss deutlich weni- ger Eigenkapital unterlegen. „Wir steuern auf eine Katastrophe zu“ » Für uns ist es das sicherste Produkt, das wir machen können. « David Peter, Connex Immobilien FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH SACHWERTE Sozialer Wohnungsbau | Thomas Meyer, Wertgrund | David Peter, Connex Immobilien 196 fondsprofessionell.de 1/2023

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