FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2023

Markt im Umbruch Zinsumfeld, Inflation und Regulierung knebeln die Lebens- versicherer. Was das für die laufende Verzinsung und das Geschäftsmodell heißt – und wie Makler den Überblick behalten. E s ist gerade mal zwei Jahre her, dass Allianz-Chef Oliver Bäte die Bran- che und die Ö entlichkeit mit der Pro- gnose aufschreckte, dass „ein paar Wett- bewerber, die nicht gut gewirtschaftet haben, ausscheiden“ werden. So o en hatte die Gefahr einer möglichen Insol- venz mancher Lebensversicherer vorher noch kein Versicherungsmanager ausge- sprochen. Selbst wenn die EZB auf- höre, Anleihen zu kaufen, dauere es Jahre, bis die Zinsen auf ein öko- nomisch rationales Niveau zurückfänden. „Wir werden noch zehn Jahre Null- oder Negativzinsen haben“, meinte Bäte damals. Es sei nicht so, dass Ver- sicherer ihren Kunden nicht weiter eine volle Beitragsgarantie geben wollten. „Wir können es einfach nicht, weil es uns das Regelwerk verbietet und zweitens die Gesetze des Marktes durch die ultralockere Zentralbankpolitik völlig ausgehebelt sind.“ Die Kosten einer 100-Prozent-Garantie seien so hoch, dass für den Kunden an Rendite nichts mehr übrig bleibe. Bei älteren Produkten könne die Allianz wohl kaum mehr machen, als den Renditeschwund abzumildern. Doch seither hat sich die Welt weiter gedreht. Trotz Krisen, Krieg und In ation hat es bislang keinen Lebensversicherer in die Pleite getrieben.Auch die Nullzinsphase ist passé. Dafür drückt die In ation neuer- dings dermaßen auf die Realverzinsung, dass LV-Sparer noch immer enteignet wer- den. Daran dürfte sich so schnell auch nichts ändern, obwohl viele Anbieter ihre laufende Verzinsung für 2023 angehoben haben. Nach einer jahrelangen Talfahrt senkte in diesem Jahr erstmals kein Versi- cherer seine Überschussdeklaration, zeigt eine Erhebung des Analysehauses Morgen &Morgen. Von 53 analysierten Gesellschaf- ten erhöhten 20 ihre Überschüsse von 2022 auf 2023 im Schnitt um 0,3 Prozentpunkte. Im Mittelwert kommt die Bran- che nun auf 2,1 Prozent (2022: 1,9 Prozent).Dennoch passten 33 Ver- sicherer ihre Überschussbeteili- gung gar nicht an, und immer noch 21 Versicherer beteiligen ihre Kunden mit weniger als zwei Prozent an den Überschüssen. Zum Vergleich: 2018 sank die laufende Verzinsung klassischer privater Rentenversicherungen laut Ratingagentur Assekurata im Branchenschnitt um 0,14 Punkte auf den historischen Tiefstand von 2,47 Prozent. In den Jahren 2000 und 2001 waren es im Schnitt noch über sieben Prozent. 2012 wurde die Vier-Prozent-Marke und 2016 dann die Drei-Prozent- Marke unterschritten. Ein Hebel namens ZZR „Uns hat überrascht, dass jetzt so viele Versicherer ihre Überschussbeteiligung erhöht haben“, sagt Thorsten Saal, Bereichs- leiter bei Morgen & Morgen. Der große Hebel, der bei den meisten Gesellschaften kurzfristig Mittel für Überschusserhöhun- gen freigesetzt habe, seien die größtenteils sinkenden Aufwände für die Zinszusatz- reserve (ZZR), die die Versicherer bilden müssen, um die teils hohen Garantiezinsen in den Beständen abzusichern. „Die Aus- wirkung ist bei jedem Versicherer unter- Achtung, Baustelle! Ein solches Schild wäre als Warnhinweis auch an der Zufahrt zur Konzernzentrale vieler Versicherer ange- bracht. Denn wer zukunftsfähig bleiben will, muss einige Umbauten ansto- ßen. » Einige Gesellschaften sind im Niedrigzins gefangen. « Carsten Zielke, Zielke Research Consult FONDS & VERSICHERUNG Lebenspolicen 248 fondsprofessionell.de 1/2023 FOTO: © ROMANKRYKH | STOCK.ADOBE.COM

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