FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

das Asset so genau wie möglich abbilden“, sagt Wälchli. Dabei geht es zunächst um die Überfüh- rung möglichst vieler Charakteristika des eigentlichen Gebäudes oder Portfolios in das Modell, darunter unter anderem die Größe der Objekte, ihr Alter und die Art ihrer Nutzung. „Dann wird das Modell mit vergleichbaren tatsächlichen Transak- tionspreisen, wie sie beispielsweise von IZ- Research oder Eurostat zur Verfügung ge- stellt werden, gefüttert“, erklärt Wälchli. In einem Folgeschritt werden die preisbilden- den Faktoren der Vergleichsimmobilien identi ziert und deren Ein uss im Zusam- menspiel mit zahlreichen volkswirtschaft- lichen Eckdaten ermittelt, darunter Kredit- zinsentwicklung, Demogra e, Wirtschafts- kraft und Bauauftragsvolumen am jeweili- gen Standort. Daraus wird schließlich eine Preiskurve generiert. Backtesting Weil es für die Preisentwicklung einer konkreten Immobilie keine historischen Datenreihen gibt, lässt sich die Aussagekraft des mit dem Modell gebauten Replika- tionsportfolios nicht unmittelbar backtes- ten. „Statt Immobilien wird dann beispiels- weise ein Aktienkorb genommen, für den es ausreichend Daten gibt, um eine Zeitreihe detailliert nachzuzeich- nen“, erläutert Wälchli. Dann werden die preisbildungs- relevanten Faktoren des Immobi- lienmodells auf das Aktienportfolio angewandt. Das Modell ermittelt die Hauptwerttreiber der Aktien im Korb, und anschließend wird daraus ein Replikationsportfolio erstellt, woraus sich ein übertrag- barer Marktrisiko-Indikator ergibt. „Das Prinzip ist eigentlich ganz ein- fach“, sagt Wälchli, „es geht um die Übertragung einer regelmäßigen Preisermittlung auf ein anderes Modell auf Basis identischer preis- bestimmender Faktoren.“ Praxis Einen Praxistest hat das Stellvertreter- Modell auch schon bestanden. Das BIB für den geschlossenen Immobilienfonds Hei- delberg-Bahnstadt von Fondsanbieter Patri- zia Grundinvest weist als relevante SRI- Klasse nicht „6“ aus, sondern „3“. Das ent- spricht einer Volatilität gemäß Value-at- Risk-Ansatz von fünf bis zwölf Prozent.Das ist bei der Aufsichtsbehörde Ba n ohne Beanstandung geblieben. Mit weiteren Verfahren tut sich die Ba n jedoch schwer. „Aktuell liegen der Ba n drei Publikums-AIFs zur Prüfung vor, die in ihren BIB von der automatisierten Zu- weisung in SRI 6 abweichen und das mit dem AAAccell-Modell begründen“, sagt Wagner. Die Aufsicht behalte sich jedoch vor, das Modell zunächst noch mal einer grundsätzlichen Prüfung zu unterziehen, und reklamiere dafür mehr Zeit. Ungleichbehandlung „Eigentlich sind o ene Immobilienfonds genauso betro en, denn auch die verfügen über keine monatliche Preisdarstellung ihrer Assets, sondern schreiben ihre besten- falls quartalsweise ermittelten Bewertungs- daten fort“, erklärt Wagner nicht ohne Unmut. So gesehen kann auch ein o ener Immobilienfonds für die Einordnung in eine der sieben SRI-Klassen eigentlich nur dann auf seine Anteilspreise abstellen, wenn diese auf Basis eines monatlichen Bewertungsrhythmus erstellt würden. Eine Ungleichbehandlung o ener und geschlossener Fonds stellt auch Rechtsanwalt Ulrich Keunecke, Partner bei KPMG, fest: „Die feh- lende laufende Fortschreibung der Wertentwicklung der Assets eines geschlossenen Fonds mag zwar die laufende unterjährige Bestimmung seines Anteilspreises erschweren, allein daraus jedoch ein erhöhtes Risiko abzuleiten, wird dem tat- sächlichen Risiko, das vom Asset des geschlossenen Fonds ausgeht, nicht gerecht. In den jeweiligen Basisinformationsblättern wird die Risikostruktur o ener und geschlos- sener Immobilienfonds durchaus unterschiedlich re ektiert.“ TILMAN WELTHER FP „Geeignete Stellvertreter“ Die technischen Regulierungsstandards, wie sie in der Delegierten Verordnung (EU) 2017/653 vorgegeben sind, eröffnen auch Publikums-AIFs die Möglichkeit, das Marktrisiko als Teil des „Summary Risk Indicator“ und die Performanceszenarien anhand von „geeigneten Stellvertretern“ zu ermitteln, wenn es an einer hinreichenden Datengrundlage fehlt. Im Regelwerk heißt es (Hervorhebung durch die Redaktion): „Ver- wendung geeigneter Benchmarks oder Stellvertreter zur Spezifikation der PRIIP-Kategorien: Soweit von einem PRIIP- Hersteller geeignete Benchmarks oder Stellvertreter verwen- det werden, sind diese Benchmarks oder Stellvertreter repräsen- tativ für die Vermögenswerte oder Engagements, die die Perfor- mance des PRIIP bestimmen. Der PRIIP-Hersteller dokumentiert die Verwendung solcher Benchmarks oder Stellvertreter.“ Quelle:DelegierteVerordnung (EU)2017/653,Anhang II,Teil1,nachNr.7 » Die Risikostrukturen werden durchaus unterschiedlich reflektiert. « Ulrich Keunecke, KPMG SACHWERTE Basisinformationsblätter 232 fondsprofessionell.de 4/2023 FOTO: © KPMG

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