FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023
Grün nachgefragt Seit mehr als einem Jahr müssen Versicherungsvermittler bei Lebenspolicen die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden erheben. Was heißt das für die Beratungspraxis? F inanzberater müssen bei der Vermitt- lung von Anlageprodukten viele Fra- gen stellen, um die Wünsche, Bedürfnisse und Kenntnisse ihrer Kunden zu ermitteln und so das passende Produkt zu nden. Seit dem 2. August vergangenen Jahres ist der Fragebogen noch umfangreicher: Bera- ter müssen seither auch die Nachhaltig- keitspräferenzen erheben, also ermitteln, wie grün oder ethisch der Kunde sein Geld denn investieren möchte. Die ESG-Präferenzabfrage gilt auch für Versicherungsvermittler, wenn sie soge- nannte Versicherungsanlageprodukte ver- treiben – Sach- und Krankenpolicen sind nicht betro en. Das schreibt die überarbei- tete Fassung der Delegierten Verordnung 2017/2359 zur Versicherungsvertriebsricht- linie IDD vor (siehe Kasten Seite 276). Nachdem 15 Monate ins Land gegan- gen sind, hat sich FONDS professionell bei ausgewählten Experten, Vermittlern, Maklerpools, Versicherern und Anbietern von Vergleichssoftware erkundigt, wie die Anfrage bei den Beratern ankommt – und ob sie dazu beiträgt, mehr Geld in nach- haltige Lebensversicherungen ießen zu lassen. Einige reagierten gar nicht, andere gaben nur kurze Antworten – und wieder andere berichteten ausführlich. Aufsicht gibt Hilfestellung Vorweg: Die überarbeitete IDD macht keine konkreten Vorgaben, wie die Abfrage im Detail erfolgen soll. Die Richtlinie schreibt nur vor, dass die Geeignetheits- prüfung um die Nachhaltigkeitspräferen- zen des Kunden ergänzt werden muss. Darunter versteht Brüssel, ob jemand Pro- dukte wünscht, die der Taxonomieverord- nung entsprechen, oder solche, die einen Mindestanteil an nachhaltigen Investitionen im Sinne der sozialen und Governance- Ziele der EU-O enlegungsverordnung vorsehen. Hierfür müssen die Policen ein explizit benanntes Nachhaltigkeitsziel, etwa die Reduktion von Treibhausgasemissio- nen, verfolgen. Gewählt werden können auch Finanzinstrumente, bei denen die wichtigsten „nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren“ (PAIs) berück- sichtigt werden. Unter Nachhaltigkeitsfak- toren sind unter anderem Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange zu verstehen. Um etwas Orientierung zu geben, stellte die EU-Versicherungsaufsicht Eiopa sieben Leitlinien vor. Demnach sollen die ESG- Präferenzen erst nach der Geeignetheits- prüfung erhoben werden. Hat der Kunde keine, läuft die Beratung wie gewohnt weiter. Andernfalls steigt der Berater in die Details ein – Stichwort Taxonomie, O en- legungsverordnung oder PAIs. Zudem sol- len die Kunden benennen, wie hoch der Anteil der jeweiligen Nachhaltigkeitsstra- tegie am Gesamtinvestment sein soll. Die Eiopa rät daher, dass stets nach Mindest- anteilen statt nach festen Bandbreiten (von …bis …Prozent) gefragt werden soll. » Die uns bekannten Abfragestrecken sind übersichtlich aufgebaut. « Benjamin Adamietz, Finanzkanzlei Adamietz & Kollegen Wie grün oder sozial soll das Invest- ment sein? Diese Frage müssen Vermittler bei Lebenspolicen seit August 2022 stellen. Bei der Nach- haltigkeitspräferenzabfrage hapert es aber noch an einigen Stellen. FONDS & VERSICHERUNG Nachhaltigkeitspräferenzabfrage 272 fondsprofessionell.de 4/2023 FOTO: © ANDREY POPOV | STOCK.ADOBE.COM
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