FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023
Geschäftsführerin des auf nachhaltige Ver- sicherungen spezialisierten Maklerhauses Framtid aus Hamburg. Oft sei nur ein ein- ziger Fonds aus der Palette des Versicherers geeignet. Eine Empfehlung könne sie dann oft nicht aussprechen, weil dies regelmäßig gegen die Ergebnisse der Geeignetheits- prüfung verstoße. „Wir klammern in der Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen die Angabe nach den prozentualen Min- destanteilen aus, da wir sonst am Ende der Abfrage Gefahr laufen, kein geeignetes Pro- dukt anbieten zu können, und mit dem Kunden klären müssten, ob er auch mit weniger strikten Kriterien einverstanden wäre“, so die Framtid-Che n. Die Idee hin- ter der Abfrage befürwortet sie übrigens, da sie die Versicherer zwinge, ihre Produkt- paletten zu verbessern. „Viele notwendige Daten zur Einstufung von Investments fehlen immer noch oder sind widersprüchlich“, erklärt Biskop. „Pro- duktgeber stufen ihre fondsgebundenen Produkte daher als ‚Artikel-8-Produkt‘ ein, das ist momentan der sicherste Weg, wenn- gleich er genau genommen nicht den In- tentionen der O enlegungsordnung ent- spricht, die keine Grundlage für Produkt- kategorien ist.“Die Anforderungen für eine „Einordnung“ in diese Kategorie seien niedrig, was die Haftungsrisiken für die Anbieter mindere. Zahlen des Analysehau- ses Morgen &Morgen stützen das: Senior- Produktmanager Thomas Luckert schätzt, dass etwa jeder zweite Fonds, der für Versi- cherungspolicen angeboten wird, Artikel 8 entspreche.Weniger als zehn Prozent erfüll- ten Artikel 9 der O enlegungsverordnung, der Rest sei nicht nachhaltig. Nachfrage Führt die Nachhaltigkeitspräferenzabfra- ge zu mehr Nachfrage nach ESG-Policen? Die Antwort ist ein klares „Jein“. Framtid- Che n Jost bejaht es, wobei sie selbst betont, dass ihre Kunden ohnehin an ESG- Produkten interessiert seien: „Die Bericht- erstattung in den Medien sorgte für weite- res Interesse.“ Viele fragen sich, wie sie mit Geld als Hebel zu mehr Nachhaltigkeit beitragen können. Dagegen hat die Leipzi- ger zuletzt eine rückläu ge Nachfrage nach nachhaltigen Fonds in den frei wählbaren Portfolios festgestellt, wobei die ESG-Prä- ferenzabfrage neben den aktuellen Krisen eine Rolle spiele. „Obwohl das Interesse und die Bereitschaft vorhanden sind, füh- ren bestehende Marktunsicherheiten, bei- spielsweise aufgrund fehlender Standards, nach wie vor zu Zurückhaltung“, berichtet eine Sprecherin von Swiss Life Select. Wieder andere Umfrageteilnehmer ver- melden eine steigende Nachfrage nach ESG-Produkten – aber schon vor Sommer 2022: „Wir merken einen Anstieg bei nach- haltigen Produkten, diese Entwicklung hat aber bereits vor der P icht zur Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen begonnen und setzt sich seitdem stetig fort. Die ESG-Ab- fragep icht ab August 2022 zahlt natürlich zusätzlich auf diesen Punkt mit ein und unterstützt den Nachfragetrend“, meint Fonds-Finanz-Geschäftsführer Norbert Porazik. „Sollte die Abfrage einfacher und transparenter dargestellt werden, wird das aber sicherlich zu einer weiter steigenden Nachfrage und zu mehr Akzeptanz bei Maklern und deren Kunden führen.“ Wie geht es weiter? „Wir ho en, dass sich die Datenlage sukzessive verbessert und die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage in der Praxis zukünftig zu besseren Ergebnissen führt“, formuliert Sebastian Grabmaier, Vor- standschef des Maklerpools Jung, DMS & Cie., die Erwartung vieler in der Branche. JENS BREDENBALS FP » Bezüglich der Akzeptanz der Nach- haltigkeitspräferenz- abfrage gibt es keine Pauschalurteile. « Timo Biskop, V.E.R.S. Leipzig Rechtliche Grundlagen Abfragepflichten von Versicherungsvermittlern Die rechtliche Grundlage für die Abfrage- pflichten von Versicherungsvermittlern bei Versicherungsanlageprodukten (haupt- sächlich klassische Kapitallebensversicherungen und Fondspolicen) ist Verordnung 2021/1257 vom 21. April 2021. Sie hat die Verordnung 2017/2359 zur Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD geändert, die Informationspflichten und Wohlverhaltensregeln bei Anlageprodukten im Versicherungsmantel beschreibt. Die Modifi- zierungen betreffen zwei Punkte: Zum einen wer- den in Artikel 4 der Verordnung 2017/2359 Defi- nitionen für Nachhaltigkeitspräferenzen eingefügt. Zum anderen ergänzt die Änderungsverordnung 2021/1257 den Artikel 9 des älteren Regelwerks, der die Geeignetheitsprüfung zum Inhalt hat, um eben diese Nachhaltigkeitsaspekte. Damit müssen Versicherungsvermittler als Basis für ihre Emp- fehlung nicht mehr nur die Kenntnisse, Wünsche und die Risikotoleranz eines Kunden erheben, sondern auch dessen Nachhaltigkeitspräferenzen. FONDS & VERSICHERUNG Nachhaltigkeitspräferenzabfrage 276 fondsprofessionell.de 4/2023 FOTO: © BERODI FOTO I V.E.R.S. LEIPZIG
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