FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

sodass wir eher von 100 bis 200 unter- schiedlichen Portfolios reden.“ So sei es etwa möglich, bestimmte Sektoren auszu- schließen, einzelne Investmentthemen zu betonen oder verschiedene Vorstellungen von Nachhaltigkeit umzusetzen. „Ich bin fest davon überzeugt, dass sich derartige Konzepte schon in wenigen Jah- ren auch in Deutschland etabliert haben werden“, sagt Specketer. Eine persönliche Depotberatung werde es dann imWesent- lichen nur noch für vermögende Kunden geben. Lösungen wie die seines Hauses würden es erlauben, auch dem Segment darunter individuell konstruierte Portfolios anzubieten. „Der Kundenwunsch hat sich geändert“, betont der Invesco-Vertriebsleiter. „Wir sprechen mit unserem Tool insbeson- dere Anleger der Generation X und Z an. Diese Zielgruppe erwartet ein digitalisiertes, zugleich aber personalisiertes Angebot.“ Wenn man diese Kunden zunächst zwar nach verschiedenen Kriterien einstufe, ihnen dann aber doch nur eines von drei Standardprodukten empfehle, führe das schnell zu Enttäuschungen. „Die Zeit der klassischen Multi-Asset-Fonds ist vorbei, denn mit ihnen lassen sich die Bedürfnisse vieler Kunden nicht mehr erfüllen“, ist Specketer überzeugt. Wenige wollen selbst wählen Ist der Wunsch nach individuellen De- pots tatsächlich so groß? Dirk Degenhardt, Geschäftsführer von Deka Vermögens- management, hat da andere Erfahrungen gemacht. Bei „Deka-Connect+“, dem neues- ten Fonds-VV-Angebot seines Hauses, kön- nen die Sparkassenkunden entscheiden, ob sie Themeninvestments selbst auswählen möchten oder diese Wahl den Portfolio- managern der Deka überlassen. „Bislang haben sich weniger als zehn Prozent der Kunden dafür entschieden, die Themen- bausteine selbst auszuwählen – die aller- meisten setzen auf die Komfortvariante“, sagt Degenhardt im Interviewmit FONDS professionell (siehe Seite 386). Während Invesco noch einen Koopera- tionspartner sucht, ist Laiqon schon fündig geworden: Der börsennotierte Hamburger Asset Manager informierte Ende vergange- nen Jahres über einen Vertrag, den die Tochtergesellschaft LAICmit Union Invest- ment geschlossen hat. Gemeinsam wird eine „neuartige fondsbasierte individuelle Vermögensverwaltung“ konzipiert. Ziel- gruppe sind die „gehobenen Betreuungs- kunden“ der Volks- und Raiffeisenbanken. Ab dem vierten Quartal soll das Produkt sukzessive bei den genossenschaftlichen Instituten eingeführt werden. Gesteuert werden die Depots von einer künstlichen Intelligenz, die LAIC entwickelt hat. „Die Anleger sollen gemeinsam mit ihrem Berater zahlreiche Wahlmöglichkei- ten haben. Ergebnis ist ein auf die persön- lichen Präferenzen zugeschnittenes Depot“, erläutert Laiqon-Vorstandschef Achim Plate. „Jedes Depot wird wirklich individuell aus- gestaltet sein. Dass zwei Anleger das identi- sche Fondsportfolio haben, ist höchst un- wahrscheinlich. Solche kundenindividuel- len Depots sind nur mit KI möglich, mit menschlichen Portfoliomanagern wäre das viel zu teuer.“ Laiqon wird bei dem neuen Produkt nicht nur die Finanzportfolioverwaltung übernehmen. „Vorgesehen ist, auch für Tei- le der digitalen Abschlussstrecke, also das Onboarding, unsere Plattform zu nutzen“, sagt Plate. Außerdem unterstütze sein Haus Union Investment beim Reporting. „Weil wie erwähnt jedes einzelne Depot anders aussieht, unterscheidet sich beispielsweise auch der Quartalsbericht von Kunde zu Kunde.Wir werden unsere IT eng mit der Beratungssoftware der Genossenschafts- banken verzahnen, damit das funktioniert.“ Quant-Computer nötig Doch nicht nur das Reporting unter- scheidet sich, auch die Anlagerichtlinien im Vertrag sind kundenindividuell formuliert. „Noch während die Beratung in der Volks- und Raiffeisenbank läuft, wird die Software im Hintergrund fast in Echtzeit einen kompletten Vermögensverwaltungsvertrag erstellen“, sagt Plate. „Das ist durchaus eine IT-technische Herausforderung, von der Berater und Kunde im besten Fall aber gar nichts mitbekommen.“ Plate hofft, neben Union Investment wei- tere Vertriebspartner für ähnliche Koopera- tionen zu gewinnen. Darum haben er und seine Kollegen begonnen, sich ernsthaft mit Quant-Computing zu beschäftigen. „Aktuell fassen wir die Umstellung für 2025 ins Auge“, sagt der Laiqon-Chef. Ent- wickelt sich sein Unternehmen weiter wie erwartet, würden die Berechnungen der hauseigenen KI sonst schlicht zu lange dauern. „Nur eine gute Rechenleistung macht KI massentauglich“, betont er. „Bald wird das nur noch mit Quantencompu- tern möglich sein.“ BERND MIKOSCH FP Interview mit Achim Plate: QR-Code oder fponline.de/Laiqon124 eingeben. » Die Berater können die Kombination der Module aktiv mit dem Kunden besprechen. « Helen Windischbauer, Amundi fondsprofessionell.de 1/2024 395 FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH

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