FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2024
Andererseits führt eben gerade ein striktes Value Investing am Ende häufig zu einem eher langweiligen Standardportfolio, mit dem sich aber bei gleichzeitig hinreichen- der Risikodiversifikation durchaus gute Ergebnisse erzielen lassen. Aber noch einmal zurück zu den Prinzipien, die speziell Ihren Investmentprozess als Value-Investor prägen. Was sind denn aus Ihrer Sicht die wesentlichen Faktoren? Inzwischen werden in der Fachliteratur mehr als 320 Faktoren genannt, die die Rendite eines Wertpapiers beeinflussen können. Es versteht sich gewissermaßen von selbst, dass es kaum möglich wäre, zu vernünftigen und vor allem praktisch um- setzbaren Entscheidungen zu gelangen, wollte man versuchen,möglichst viele oder gar alle verfügbaren Faktoren zu berück- sichtigen. Daher haben wir uns an den Arbeiten von Professor Elroy Dimson von der London Business School zu den wirk- lich relevanten Faktoren orientiert.Das sind in unserem Prozess die Faktoren Bewer- tung, Risiko und Momentum, die gewisser- maßen wie Zahnräder ineinandergreifen. Was bedeutet das im Detail? Der Aspekt einer niedrigen Bewertung ist imGrunde die Basis, das Fundament eines Value-Investments, das zu einer langfristi- gen Outperformance einer Aktie führen, aber durchaus auch die Gefahr von länge- ren Phasen der Underperformance bergen kann. Das gilt es vor jedem Investment entsprechend zu beurteilen. Gleichzeitig berücksichtigt unser Modell das Risiko eines Wertpapiers und meidet allzu riskant erscheinende Aktien. Das gilt auch für sogenannte „Verlierer“, damit sind Aktien mit einem negativen Momentum gemeint. Wobei gerade das Thema Momentum sei- ne besonderen Eigenheiten hat. Die sich wie konkret äußern? Es kann durchaus sinnvoll sein, eine Aktie zu halten, obwohl sie bereits eine relativ hohe Bewertung erreicht hat, um sozu- sagen von ihrem positiven Flow noch für eine gewisse Zeit zu profitieren. Umge- kehrt sollte man Aktien mit einem negati- ven Momentum möglichst früh aussortie- ren, denn ein Wert erscheint häufig nur deshalb als niedrig bewertet, weil es einen handfesten Grund dafür gibt. Eine solche negative Prognose für Loser-Aktien gilt aber nicht unbedingt nach Krisensituatio- nen an den Kapitalmärkten. Ein Verlierer kann nach einem Crash eine signifikante Outperformance aufweisen, weil sich die in der Krise aufgebauten Risiko- und Liquidi- tätsprämien wieder normalisieren. Gibt es weitere Prinzipien, die Sie nach- haltig überzeugen? In Bezug auf die Bewertung einer Aktie glauben wir an den Effekt einer „Reversion to the Mean“. Man kennt natürlich nicht immer den genauen Zeitpunkt, an dem ein Trend sich umkehrt, aber dass so eine Rückkehr zum Mittelwert auf die eine oder andere Weise stattfindet, davon sind wir überzeugt. Wir haben in der jüngeren Zeit eine Marktphase erlebt, die sich als sehr positiv für Wachstumswerte, insbe- sondere Large und vor allem Mega Caps erwiesen hat.Wenn sich nun die Geldpoli- tik in nächster Zeit dreht und die Zinsen, vielleicht später als gedacht, aber irgend- wann wieder sinken, dann wird auch wie- der die Zeit kommen, in der Small Caps und Value-Aktien wieder deutlich mehr Rückenwind erhalten. Das ist in unserem System relativ gut zu beobachten. Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER FP KURZ-VITA: Christian Funke Christian Funke beschäftigt sich bereits seit 20 Jahren mit dem Thema Börse, insbesondere dem Value Investing. Begonnen hat alles im Jahr 2004, als er mit seinen beiden Partnern bei Source For Alpha noch als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht tätig war. 2007 folgte dann die Gründung des eigenen Unternehmens mit Sitz in Frankfurt. Auf freiberuflicher Basis war Funke während der gesamten Zeit als Dozent für Port- foliomanagement an diversen Bildungseinrichtungen aktiv. » Die Zeit wird kommen, in der Small Caps und Value-Aktien wieder deutlich mehr Rücken- wind erhalten. « Christian Funke, Source For Alpha FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH MARKT & STRATEGIE Christian Funke | Source For Alpha 178 fondsprofessionell.de 2/2024
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