FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2024

Empfehlungen oder Vorschlägen zu Anla- gestrategien in Bezug auf ein oder mehrere Finanzinstrumente oder Emittenten, die für Verbreitungskanäle oder die Öffentlich- keit vorgesehen sind, einschließlich einer Beurteilung des aktuellen oder künftigen Wertes oder Kurses solcher Instrumente“. Artikel 1 Nummer 34 ii wiederum legt fest, dass solche Informationen nicht nur von Finanzexperten wie Analysten oder Anla- geberatern, sondern von jedermann ver- breitet werden können. Damit unterliegen auch Finfluencer und freie Finanzvermitt- ler den MAR-Vorschriften. Nun ist die Definition des Begriffs Anla- geempfehlung in der MAR sehr breit ge- fasst. Die ESMA macht daher auch gleich darauf aufmerksam, dass grundsätzlich jede Art öffentlicher Kommunikation eine An- lageempfehlung sein kann.Dies gelte dann, wenn sich darin direkte oder indirekte Rat- schläge oder Ideen für den Kauf oder Ver- kauf eines Finanzinstruments finden. Tipps für die Zusammenstellung eines Finanz- portfolios qualifizieren etwa ein Video oder eine Podcast-Folge ebenfalls als Anlage- empfehlung. Daran ändert es auch nichts, wenn das Format cool und in einer locke- ren, usergerechten Sprache daherkommt. Umfangreiche Pflichten Die Hinweise der ESMA bedeuten na- türlich nicht, dass Finfluencer und Berater mit Anlageempfehlungen auf Instagram und Co. nicht mehr unterwegs sein dürfen. Sie haben aber gewissen Pflichten nachzu- kommen, wenn sie konkrete Tipps geben. Die ESMA unterscheidet hier verschiede- ne Typen von Empfehlungsgebern, ange- fangen bei unabhängigen Analysten, Invest- mentgesellschaften und Banken über soge- nannte Experten bis hin zu Nicht-Profis. „Finanzberater zählen zu den Experten oder sogar zu den sogenannten Professio- nellen“, sagt Sarah Lemke, Syndikusrechts- anwältin und Gruppengeldwäschebeauf- tragte beimHamburger Finanzdienstleister Netfonds. Daher haben sie auch umfang- reichere Vorgaben zu beachten, wenn sie Anlageempfehlungen verbreiten. Dazu gehören etwa die Angabe von Na- men und Berufsbezeichnung aller an der Empfehlung beteiligten natürlichen Perso- nen, ein klarer Hinweis auf alle wesent- lichen Informationsquellen sowie eine unmissverständliche Kennzeichnung von Prognosen, Vorhersagen und angestrebten Kurszielen. „Damit ist die Liste der gefor- derten Angaben noch nicht abgeschlossen“, erklärt Lemke. Berater tun daher gut daran, die auf fünf Seiten recht kurz und auch verständlich abgefassten ESMA-Warnings gründlich zu lesen. Dies gilt umso mehr, als natürlichen Personen bei Verstößen ge- gen die MAR-Vorschriften Geldbußen bis zu einer Höhe von 500.000 Euro drohen können. Die Frage ist jedoch, ob all diese Anga- ben überhaupt notwendig sind, wenn Ver- mittler und Berater reine Lern- oder Erklär- videos in den sozialen Medien posten. Die Antwort lautet: Das kommt darauf an. „Die Grenze zur Anlageempfehlung ist schnell überschritten,wenn ein Finanzprofi in einem Video zum Beispiel einen be- stimmten Fonds vorstellt“, sagt Lemke. „Er- klärt er hingegen nur, wie etwa aktiv gemanagte Sondervermögen oder ETF- Sparpläne funktionieren, ohne dabei kon- krete Produkte zu nennen, dürfte das unverfänglich sein“, befindet sie. Den Einzelfall betrachten Markus Lange sieht das nicht ganz so. „Ein Berater, der etwa erläutert, wie aktiv gemanagte Fonds funktionieren, tut das in der Regel ja nicht ohne Grund,meist steht ein monetäres Interesse dahinter“, gibt er zu bedenken. „Grundsätzlich lässt sich nur sehr schwer sagen,wann ein Erklärvideo als Anlageempfehlung zu werten ist, das ist immer eine Einzelfallbetrachtung“, so der Jurist. Finanzberater sollten daher sehr genau darüber nachdenken, ob sie mit ihrem Social-Media-Content die Grenzen zur Anlageempfehlung überschreiten. Sarah Lemke hat einige Ratschläge. „Auch in reinen Lernvideos sollten Berater darauf achten, die Chancen, die ein Finanz- instrument generell bietet, nicht zu stark in den Vordergrund zu stellen, sondern im- mer auch auf die Risiken hinweisen“, sagt sie. Zudem empfehle es sich, zu jeder An- zeige, die in den sozialen Medien gepostet wird, zu jedem Video und allen Podcast- Folgen einen Haftungshinweis zu stellen, in dem die wesentlichen Risiken noch ein- mal explizit beschrieben werden. „Bei Anzeigen sollte der Hinweis klar er- kennbar sein und nicht etwa in einer viel kleineren Schriftart erscheinen als der übri- ge Text“, so Lemke. In Videos oder Podcasts könne er am Ende in Textform eingeblen- det werden. „Mit einem solchen Haftungs- hinweis sichern sich Berater nicht nur ab, er wirkt auch seriös“, findet Lemke. Schließ- lich sind Finanzprofis eben Profis – und keine Finfluencer. ANDREA MARTENS FP » Auch in Lernvideos sollten Berater die Chancen von Produkten nicht zu stark in den Vordergrund stellen. « Sarah Lemke, Netfonds SPEZIAL | MARKETING FÜR MAKLER Anlageempfehlungen 310 fondsprofessionell.de 2/2024 FOTO: SARAH LEMKE © CAROLIN THIERSCH | NETFONDS

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