FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2024
Absatz 1 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) verpflichtet, „seinem Rat eine hin- reichende Zahl von auf dem Markt ange- botenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zu Grunde zu legen“ – was hier nicht der Fall war. Zudem stellen diese Vorschriften aus dem VVG zur Beratung auch Marktverhaltensregelungen dar. Ein Verstoß gegen sie ist damit eine unlautere Tätigkeit nach demUWG,was hier wichtig ist. „Diese Vorschrift ist nach Ansicht des Gerichts dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer – insbesondere der Ver- braucher – das Marktverhalten zu regeln. Ein Verstoß gegen sie stellt damit zugleich eine unlautere geschäftliche Handlung dar, was Vermittler beachten müssen“, stellt Schulze klar. Personalisierte Briefwerbung ist erlaubt LG Stuttgart, 25. 2. 2022, Az. 17 O 807/21 Dieses Urteil ist eine Ausnahme, weil das LG Stuttgart in diesem Fall klar- stellte, was Verbraucher an Werbung tolerieren müssen: Im Streitfall erhielt der Kläger, ein Verbraucher, eine personalisierte Briefwerbung eines Versicherers. Er machte von seinem Recht auf Löschung gemäß Artikel 17 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Gebrauch. Der Versicherer kam dem nicht nach – und bekam recht: Das LG stellte keinen DSGVO-Verstoß fest. Ins- besondere waren Anwalt Jöhnke zufolge die Zusendung der personalisierten Brief- werbung und die Verarbeitung von Adress- daten rechtmäßig im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 f) DSGVO.Die Interessen des Ver- sicherers an den Werbemaßnahmen waren nämlich „berechtigte Interessen“ im Sinne der genannten DSGVO-Passage, woraus wiederum folgt, dass die Verarbeitung der Kontaktdaten zur Wahrung dieser Interes- sen erforderlich war. „Solche Werbebriefe stellen mithin notwendige Mittel dar, um auf der einen Seite Bestandskunden zu pflegen, auf der anderen Seite aber auch – wie hier – Neukunden zu gewinnen. Im Ergebnis überwiegen daher die Interessen des Klägers die berechtigten Interessen der Beklagten als Verantwortliche oder die In- teressen der (Werbe-)Kunden nicht“, erläu- tert Rechtsanwalt Jöhnke. Erlaubnis zur Versicherungsver- mittlung ist Marktverhaltensregel BGH, 15. 12. 2022, Az. I ZR 8/19 Eine Firma, die nicht über eine Er- laubnis zur Versicherungsvermitt- lung gemäß Paragraf 34d GewO ver- fügte, beauftragte Unternehmen damit, mittels Haustürwerbung Verbrauchern den Beitritt zu einer „T.M. A. A. A. GmbHMit- gliedergemeinschaft“ anzubieten. Diese Mitgliedschaft berechtigte zur Inanspruch- nahme verschiedener Versicherungsleistun- gen im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland. Den Verkauf der Mit- gliedschaften zur Erlangung des Versiche- rungsschutzes im Rahmen einer Gruppen- versicherung stufte der BGH aber als er- laubnispflichtige Versicherungsvermittlung ein: Die Tätigkeit der Beklagten sei laut Gericht darauf gerichtet, den „Mitgliedern“ » Besucher der Internet- seite müssen über die Speicherdauer der Coo- kies informiert werden. « Björn Thorben Jöhnke, Kanzlei Jöhnke & Reichow Was ist unter „Werbung“ zu verstehen? Eigentlich weiß jeder, was Werbung ist – doch exakt definiert wird der Begriff im Alltag in aller Regel nicht. In Rechtsstreitigkeiten über die Gren- zen von Werbung muss aber genau das gesche- hen. Björn Thorben Jöhnke, Partner der Hambur- ger Kanzlei Jöhnke & Reichow, weist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs hin (BGH, 12. September 2013, Az. I ZR 208/12), in dem die Richter den Begriff definieren. Definition: In der Urteilsbegründung führt der BGH aus, dass das Wort nach dem allge- meinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens umfasst, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit sei außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung erfasst, beispielsweise in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring. „Werbung ist deshalb (…) jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.“ Der Fall: Der BGH verbot im erwähnten Urteil übrigens faktisch elektronische Weiter- empfehlungsfunktionen mit werbendem Inhalt – sogenannte „Tell a Friend“-Werbung. Das beklagte Unternehmen bot auf seiner Internetseite an, dass man seine eigene und eine weitere E-Mail-Adres- se eingibt, woraufhin an die letztere Adresse eine automatisch generierte Nachricht versandt wurde, die auf die Homepage des Unternehmens hinwies. Der BGH stufte das als eine unverlangt versandte Werbe-E-Mail ein. SPEZIAL | MARKETING FÜR MAKLER Urteile 330 fondsprofessionell.de 2/2024 FOTO: © KANZLEI JÖHNKE & REICHOW
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