FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2024
Neue Modelle Die geplante Open-Finance-Initiative der EU-Kommission eröffnet Anlage- und Finanzberatern, Vermögensverwaltern und Financial Plannern neue Chancen – sofern sie sich rechtzeitig vorbereiten. A ndreas Beys ist derzeit viel unterwegs, um Finanzdienstleister für das The- ma Open Finance zu sensibilisieren. „In den Workshops lasse ich die Teilnehmer dann immer schätzen, für wie viele ihrer Kunden sie in Sachen Finanzen vermutlich der Ansprechpartner Nummer eins sind“, berichtet der Vorstand von Sauren Fonds- Service aus Köln. „Die Quote liegt zwi- schen 30 und 40 Prozent, was gleichzeitig bedeutet, dass 60 bis 70 Prozent der Kun- denbeziehungen nicht besonders eng oder vielleicht sogar unbetreut sind“, erklärt Beys. Und dieser Bestand stehe im Feuer, wenn das Open-Finance-Projekt des europäischen Gesetzgebers eines Tages in Kraft tritt. Open Finance werde zu einer hohen Wechselbereitschaft führen, wenn Anlage- berater, Vermögensverwalter, Financial Plan- ner oder freie Finanzvermittler ihre Klien- tel nicht eng und vertrauensvoll betreuen. Schaffen sie es hingegen, der wichtigste Ansprechpartner für ihre Kunden zu wer- den, eröffnet ihnen die EU-Initiative die Möglichkeit, Geschäftsmodelle zu über- arbeiten, sich neu zu positionieren und in der komplett offenen Finanzwelt zu den Profiteuren zu zählen. Im Juni vergangenen Jahres präsentierte die Europäische Kommission die Vorschlä- ge für ihre Open-Finance-Initiative inklu- sive der Verordnung mit Namen „Frame- work for Financial Data Access Regulation“, kurz FIDA (siehe Kasten nächste Seite). FIDA sieht vor, dass Finanzdienstleister und Versicherungsunternehmen anderen An- bietern Einblick in sämtliche Finanzdaten ihrer Kunden gewähren müssen – natür- lich nur, sofern diese es wünschen. Alles auf einen Blick Geplant sind sogenannte Cockpit-Apps. Vertraut etwa ein Anleger seinem Finanz- berater so sehr, dass er sich dafür entschei- det dessen App zu nutzen, werden dort all seine finanziellen Daten eingespielt. Der Vermögensprofi könnte dann mit einem Blick in die Cockpit-Anwendung erken- nen, ob sich an den Einkommens- oder Vermögensverhältnissen eines Bestandskun- den etwas verändert hat und daher viel- leicht Beratungsbedarf besteht. Verfügt er selbst über eine breite Pro- duktpalette oder arbeitet er mit anderen Dienstleistern, etwa mit Versicherungs- maklern zusammen, kann er immer wie- der interessante Angebote unterbreiten.Die Herausforderung besteht allerdings in zwei Punkten: Um die Chancen der neuen offe- nen Finanzarchitektur nutzen zu können, braucht der Berater eine gute Cockpit-App – und das volle Vertrauen seiner Kunden. Daher ist es gut, dass Finanzdienstleistern noch etwas Zeit bleibt, bis Open Finance Wirklichkeit wird. Im Moment ist aus Brüssel zu diesem Großprojekt der Kommission nicht viel Neues zu hören. Doch Rudolf Siebel, Ge- schäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI, kennt den aktuellen Stand der Dinge. „Das Europäische Parlament und der Rat beraten derzeit die Vorschläge der Kom- mission“, sagt er. Die Neuwahlen zum Par- lament im Juni dieses Jahres verzögerten den Gesetzgebungsprozess jedoch. „Ich gehe davon aus, dass die Kommis- sion ihren Vorschlag nach der Wahl formal wieder einführt und das neue Parlament Hier soll bald ein neues Geschäft eröffnen: Finanzdienstleister können ihre Geschäftsmodelle ergänzen oder sich ganz neu positionieren, wenn das EU-Großprojekt Open Finance einmal umgesetzt ist. VERTRIEB & PRAXIS Open Finance 342 fondsprofessionell.de 2/2024 FOTO: © FRANKBOSTON | STOCK.ADOBE.COM
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