FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2024

de hat der Kunde seine ‚Balance‘ gefunden – das heißt, er kennt seine Prioritäten und weiß,was nötig ist, um aus seinen finanziel- len Möglichkeiten die maximale Lebens- qualität herauszuholen.“ Das Airboard hat vier Kacheln, für die der Kunden Fragen beantworten und eini- ge Daten bereitstellen muss: Lebensstil (Konsum, Miete …), Wünsche (große Rei- sen, Hauskauf …), Vermögen (Einkom- men, Geldanlage …) und wesentliche Risi- ken (Berufsunfähigkeit, Krankheit …). Das Airboard kalkuliert dann automatisch die nötigen Sparraten und Ausgaben und zeigt den Saldo an. So ist auf einen Blick zu erkennen, ob sich der Kunde dieses Leben so leisten kann oder nicht. Übersteigen die Ausgaben die Einnahmen,muss priorisiert werden. Geht die Rechnung vielleicht auf, wenn die geplante Australien-Reise vorerst vom Wunschzettel verschwindet? „Schön ist, dass der Kunde beginnt, über sein Leben nachzudenken und nicht wie bisher üblich über Finanzprodukte“, sagt Schnei- der. „Das Tool ersetzt den Berater nicht, aber seine Rolle ändert sich.“ Referenzportfolio Wichtig ist, dass diese Berechnungen im ersten Schritt funktionieren, ohne zuvor mühsam die einzelnen Kundenverträge eingepflegt zu haben.Dazu greift der Algo- rithmus auf das „abstrakte individuelle Referenzportfolio“zurück,wie Schneider es nennt. Die drei Anfangsbuchstaben gaben seiner Firma ihren Namen: Air. Dieses Re- ferenzportfolio besteht aus den für den je- weiligen Kunden optimalen Finanzproduk- ten, die am Markt erhältlich sind. Die ent- sprechenden Daten bezieht das Mannhei- mer Start-up über diverse Vergleichsrech- ner,Maklerpools und Datenbanken.Hinzu kommt eine Anbindung zum Systemhaus Teckpro, das beispielsweise die Steuer- und Sozialversicherungsdaten liefert, die für rea- listische Berechnungen nötig sind. Im zweiten Schritt können die konkre- ten Policen und Investments des Kunden erfasst werden. „Dann lässt sich auf einen Blick erkennen, ob die bisherigen Versiche- rungen und Anlagen optimiert werden sollten“, sagt Schneider. „Der Berater hat dann gewissermaßen schon ein Auftrags- buch vorliegen, das er auf Wunsch des Kunden abarbeiten kann.“Wichtig ist ihm, dass der Airboard-Algorithmus komplett neutral arbeitet. „Wenn ein Depot mit guten Fonds bestückt ist, die zum Risiko- profil des Kunden passen, wird das Air- board keinen Handlungsbedarf signalisie- ren“, betont er. Ende Februar schalteten Schneider und seine Kollegen eine erste Beta-Version des Programms frei, vermarktet als „Digitaler Finanzcoach“. Wie das finale Preismodell aussehen wird, ist noch offen. Vermutlich läuft es auf einen Pauschalpreis für ein per- sönliches, passgenaues „Airprofil“ hinaus, das der Kunde gemeinsam mit einem Ansprechpartner, dem „Airboard-Coach“, entwickelt, erläutert Schneider. „Wie der Kunde die Strategie dann kon- kret mit Finanzprodukten umsetzt, ist seine Entscheidung“, betont der Firmengründer. „Das kann über unsere Servicegesellschaft passieren, er kann sich mit seinemAirprofil aber auch an einen Vermittler seiner Wahl wenden oder ohne weitere Beratung selbst passende Produkte auswählen.“ Elf Euro pro Lead In den zweieinhalb Monaten bis Mitte Mai konnte Air schon über 400 „Beta-Tes- ter“gewinnen. Die Kosten je Lead beziffert das Unternehmen auf etwa elf Euro – ein sehr günstiger Betrag für potenzielle Ver- mögensberatungskunden. Schneider zufol- ge zeigt das, dass viele Verbraucher großes Interesse an einer neutralen, umfassenden Finanzkonzeption haben. Im Sommer wird die nächste Airboard- Version mit zusätzlichen Funktionen an und mit Kunden getestet, der offizielle Marktstart ist für den Herbst vorgesehen. Im kommenden Jahr soll dann unter anderem die digitale Investmentplattform des Frankfurter Fondsspezialisten F-Fex, der mittlerweile zur Air-Gruppe gehört, ins Airboard integriert werden. Ziel sei es, nicht mehr in andere Systeme abspringen zu müssen, sondern alles auf einer Platt- form zu vereinen, erläutert Schneider. „Wir konnten, denke ich, schon bewei- sen, dass unser Konzept im B2C-Geschäft aufgeht“, sagt er. Für eine schnellere Ver- breitung des Airboards setzt das Start-up zudem auf B2B-Partner. Die Fürstlich Cas- tell’sche Bank nutze das Tool bereits, weite- re Finanzdienstleister sollen folgen. „Wir können die Abwicklungsstrecken anderer Vertriebe über Schnittstellen an unsere Plattform anbinden“,wirbt Schneider. „Eine Kooperation kommt für uns aber nur in- frage,wenn das Airboard in Reinform zum Einsatz kommt. Wir werden keine Anpas- sungen vornehmen, die darauf abzielen, den Absatz einzelner Finanzprodukte anzukurbeln.“ Denn das hätte nur noch wenig mit der ganzheitlichen, passgenauen Finanzberatung zu tun, die Schneider so am Herzen liegt. BERND MIKOSCH FP » Das Tool ersetzt den Berater nicht, aber seine Rolle ändert sich. « Horst Schneider, Air VERTRIEB & PRAXIS Finanzplanung 350 fondsprofessionell.de 2/2024 FOTO: © MAKS RICHTER | AIR GMBH

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