FONDS professionell Deutschland, Sachwerte Spezial 2024

Kerler: Dabei sind die ebenso notwendigen Investitionen beispielsweise in die Kommu- nikations- und Transportinfrastruktur noch gar nicht berücksichtigt. Welther: Ist das auffällige politische Wohl- wollen gegenüber dem offenen Infrastruk- turfonds und dem ELTIF ein Ausdruck von Staatsversagen? Denn die Infrastruktur war bisher vornehmlich Staatsaufgabe. Gisler: Jedes Land ordnet das anders. Ener- gieversorgung, Telekommunikation oder Autobahnen sind in Europa teilweise privat. Ich glaube aber schon, dass es in verschiedenen Ländern in Europa, aber auch in Nordamerika versäumt wurde, genügend in die Infrastruktur zu investie- ren. Es ist auch eine Aufgabe der Gesell- schaft, dagegen etwas zu tun. Jacobs: Ein Fonds ist wie ein Speedboot: kleiner, schneller, wendiger. Die Entschei- dungen werden von Investment Professio- nials getroffen, die wissen, was sie tun. Das ist anders als bei der Stadtkämmerei, bei der Projekte vielleicht ein paar Jahre in der Schublade liegen. Brodehser: Das Kapital investiert intelligen- ter als der Staat. Das war schon immer so. Endlweber: Das Problem, das wir mögli- cherweise haben, ist, dass viele Privatanle- ger mit früheren Infrastrukturinvestments schlechte Erfahrungen gemacht haben, nachdem diese als sichere Investments verkauft wurden, was ebenfalls mit dem enormen Investitionsbedarf begründet wurde. Das könnte die Vertriebspartner und Anleger zurückhaltend sein lassen. Kerler: Der ELTIF und das Infrastruktur- Sondervermögen müssen ein Qualitäts- siegel darstellen. Und wir hatten in der Ver- gangenheit noch nie einen so großen Investitionsstau wie jetzt. Endlweber: Qualität heißt auch, dass ein ehrlicher Umgang mit den Fakten notwen- dig ist. Die Behauptung, dass Infrastruktur nicht mit der Realwirtschaft korreliert und deshalb krisensicher ist, trifft nicht zu. Er- träge aus erneuerbaren Energien schwan- ken, und die Privatisierung von Infrastruk- tur hat ebenfalls Schattenseiten. Brodehser: Dazu haben wir schon die Lö- sung. Denn die neuen Fondsvehikel sind offen und nicht geschlossen und sie haben eine ausschüttende Struktur.Man sieht also die Qualität der Investitionen allerspätes- tens nach dem zweiten Jahr.Wenn wir und unsere Vertriebspartner das klar kommuni- zieren, wirkt das wie ein Korrektiv. Jacobs: Durch die Regulatorik ist beim ELTIF eine Diversifikation der Investition vorgeschrieben. Ich glaube deshalb, dass Klumpenrisiken ein Stück weit ausgeschlos- sen sind.Der ELTIF-Mantel bietet eine ande- re Sicherheit als damals, und bei den Anbie- tern, die dieses Vehikel in die Hand neh- men, handelt es sich um seriöse Häuser. Gisler: Für den Anlageerfolg sind die Selek- tionsfähigkeit des Fondsmanagements und das Risikomanagement entscheidend. Au- ßerdem sind wir ein aktiver Aktionär in den Portfoliounternehmen. Wir haben Einsicht in die Bücher, können in den Aufsichtsrat gehen und das Management auswechseln, wenn es nicht gut läuft. Kerler: Zudem ist wichtig, den Infrastruk- turanteil in die Vermögensstruktur des Anlegers zu integrieren und nicht zu hoch zu gewichten. Jacobs: Es gibt für alles klare Regeln. Und letztendlich lebt ein Fonds davon, dass ein Manager seinen Job gut macht und Assets aussucht, die Erträge liefern. Da kann die Regulierung nicht mehr helfen. » Das Thema muss im Vertrieb bekannter gemacht werden. « Jochen Kerler Union Investment Jochen Kerler leitet das Management alternativer Investmentprodukte bei Union Investment. Der Uniprivat- markt Infrastruktur ELTIF investiert in Energie, Transport, Kommunikation, Versorgung und soziale Infrastruktur. FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH SACHWERTE Roundtable 20 fondsprofessionell.de 2/2024 SPEZIAL

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