FONDS professionell Deutschland, Sachwerte Spezial 2024

I m Jahr 2002 zeichnete der prominente Immobilienspezialist Anno August Jagdfeld im Interview mit der „Welt“ eine trübe Zukunft für geschlossene Immobilienfonds. Seine zwei Argumente lauteten erstens, dass der Wegfall steuerlicher Vorteile auf der Anle- gerseite für weniger Interesse sorgen werde, und zweitens, dass kein zusätzlicher Bedarf für „Standard-Immobilien“mehr bestehe. Jagd- feld wurde von der „Welt“damals so zitiert: „Deutschland ist fertig gebaut.“Damit lag er gleichermaßen richtig und falsch. Den Markt für geschlossene Fonds, wie man sie zur Jahrtausend- wende kannte, gibt es tatsächlich nicht mehr. Nach umfangreichen Regulierungsanpassun- gen stecken diese Produktkonzepte in einem rechtlichen Korsett, das mit den Fonds der 1980er- und 1990er-Jahre nicht mehr viel gemein hat. Dennoch liegt das Volumen des nach wie vor in geschlossenen Fonds gebun- denen Kapitals bei geschätzten 200 bis 300 Milliarden Euro. Die Neuemissionstätigkeit hat zuletzt zwar spürbar nachgelassen, lag aber zwischen 2018 und 2023 im Durchschnitt immer noch bei mehr als 1,1 Milliarden Euro, wobei das Platzierungsvolumen erst- mals 2023 wirklich deutlich unter eine Milliarde fiel. Der Anteil der Immobilienfonds betrug bis zuletzt stets etwa drei Viertel. Jagdfelds seinerzeitige Annahme, dass Deutschland „fertig gebaut“ gewesen wäre, löst mit heutigem Wissensstand daher wahrschein- lich bei vielen Marktbeobachtern ein Lächeln aus. Zwischen 2002 und 2020 wurden in Deutschland laut Daten des Statistischen Bun- desamtes fast 5,5 Millionen Wohnungen neu errichtet. Dieser Blick in die Archive zeigt vor allem eines: wie unvorhersehbar selbst fundamentale Entwicklungen wie etwa die Boomphasen des deut- schen Immobilienmarktes bis zur Finanzkrise ab 2007 und nach der Erholung ab 2014 grundsätzlich sind. Jagdfeld, dem die Bundeshauptstadt auch die Wiedererrichtung des Adlon-Hotels verdankt, betonte im Gespräch mit der „Welt“ 2002 aber einen wesentlichen Punkt, der zwar schon damals nicht sehr originell, aber dafür umso richtiger war. Er riet, sich auf Premium- Immobilien zu konzentrieren. Wer das als Empfehlung verstand, hochwertige Objekte zu kaufen, die lang- fristig attraktive Vermietungserträge ver- sprechen, dürfte bereits während der schwie- rigen Jahre nach dem Platzen der Immobi- lienblase zwischen 2007 und 2014 dankbar für diesen Rat gewesen sein. Die Tiefzinsdekade zwischen 2011 und 2022 sorgte dann für Entspannung, aber nun sind für Sachwertinvestments wieder här- tere Zeiten angebrochen. Man darf davon ausgehen, dass Qualität auch diesen Sturm mit hoher Wahrscheinlichkeit besser überstehen wird, daher lohnt sich die Suche danach. Im Übrigen wird der ELTIF der Sachwert- branche Denk- und Umsatzanstöße geben. Die Konkurrenz durch Anbieter und Produkte wird wieder größer. Diese Sonderausgabe möchte unserer Leserschaft dabei auch in diesem Jahr Hilfestellung bieten, um im immer noch großen Angebot an Sachwertinvestments den Selektionsprozess zu ver- einfachen. Nicht fertig gebaut » Qualität übersteht Stürme besser. « 5 Brief der Herausgeber Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN

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