FONDS professionell Deutschland, Sachwerte Spezial 2024

Neue Haftungsregeln Das Schwarmfinanzierungsbegleitgesetz hat die ECSP-VO 2021 in deutsches Recht umgesetzt. Der Bundesverband Crowdfun- ding hatte es als „Schwarmfinanzierungs- verhinderungsgesetz“ kritisiert, denn es be- nachteilige deutsche Unternehmen gegen- über ihren europäischen Wettbewerbern. So sorge das vorgeschlagene Haftungs- regime dafür, dass Geschäftsführer, Mitar- beiter und Aufsichtsratsmitglieder mit ih- rem persönlichen Vermögen haften. Das am 17. November 2023 ver- abschiedete Zukunftsfinanzie- rungsgesetz beinhaltet unter anderem eine Änderung der Haftungsregeln im Crowdfun- ding: Statt einer persönlichen Haftung der Leitungsorgane haftet nur noch der Emittent. Gamechanger? Kann das Zukunftsfinanzie- rungsgesetz zumGamechanger für ECSP-Lizenzen in Deutsch- land werden? Martin Baart, Vorstandsmitglied des Bundes- verbands Crowdfunding, glaubt: „Einige Plattformen warten darauf, dass die Lizenzvergabe schneller funktioniert, um dann selbst die Lizenz zu beantragen.“Denn man habe ge- sehen, dass die Plattformen, die die Lizenz erfolgreich beantragt hätten, „doch sehr zu kämpfen hatten damit“. Er erwartet aber „keinen deutschen Lizenzierungboom“. Karsten Wenzlaff von der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg bemerkt: „Obwohl das ECSP-Regime einheitlich sein sollte, suchen sich internationale Plattformen genau aus, wo sie ihre Lizenz beantragen.“ Wenzlaff vermutet, dass „die Bafin sich auf Finanzmarktstabilität und Verbraucher- schutz konzentriert und den Bereich Fi- nanzinnovation weniger wichtiger nimmt als andere Aufsichten“. Kaum internationale Anbieter „Man spricht ein bisschen von Lizenz- tourismus“,meint Andreas Zederbauer, Ge- schäftsführer der österreichischen Plattform Dagobertinvest. „Internationale Plattfor- men gehen dorthin, wo es die Lizenz am leichtesten gibt.“ In einer 2024 veröffentlichten Studie der Universität Hamburg zum europäischen Crowdfunding-Markt unter ECSP waren zum Analysezeitpunkt 147 Plattformen lizenziert. Davon hatten 13 angegeben, in 27 EU-Jurisdiktionen tätig sein zu wollen, und je eine in elf beziehungsweise zehn Jurisdiktionen. 107 Plattformen wollten nur in einem Rechtsraum Geschäft ma- chen.Wenzlaff, der zu den Autoren gehört: „Das widerspricht dem Ziel des ECSP- Regimes, länderübergreifende Investitionen durch Crowdfunding zu fördern.“ Kosten Markus Kreuter, Geschäftsführer von Zinsbaustein, rechnet aus Kostengründen nicht mit vielen deutschen Li- zenzen: „Man braucht ein Plat- zierungsvolumen von 25 bis 40 Millionen Euro, damit sich die ECSP-Lizenz rechnet. Für ein kleineres Unternehmen ist eine 34f-Lizenz der günstigere Weg.“ Die Lizenzierung habe sein Unternehmen einen hohen sechsstelligen Betrag gekostet, die laufenden jährlichen Kos- ten der Lizenz seien unter Ein- rechnung der internen Mitar- beiteraufwendungen niedrig sechsstellig. Er beschreibt die Lizenzvergabe als konstruktive Forschungsarbeit. Man habe Nachzügler Deutschland Stand der Lizenzierung von Crowd-Plattformen in Europa 1 10weitereLändermitdreiundweniger lizenziertenPlattformen Quelle:ESMA |Stand:27.3.2024 0 10 20 30 40 50 Sonstige 1 Deutschland Irland Slowakei Belgien Schweden Litauen Niederlande Spanien Italien Frankreich Anzahl vergebener ECSP-Lizenzen 52 25 21 17 11 8 7 5 5 3 24 » In der Mittelstands- finanzierung gab es Lücken. « Max Weltersbach Deloitte » Man spricht ein bisschen von Lizenz- tourismus. « Andreas Zederbauer Dagobertinvest fondsprofessionell.de 2/2024 63 FOTO: © DELOITTE GMBH WIRTSCHAFTSPRÜFUNGSGESELLSCHAFT, GÜNTER MENZL

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