FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2025

Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Privatbank Berenberg, über Donald Trumps selbstzerstörerische Wirtschaftspolitik, drohende Verwerfungen an den Finanzmärkten und seine Erwartung an Deutschlands kommende Bundesregierung. D er deutsche Bundeskanzler hieß noch Helmut Kohl und regierte in Bonn, als Holger Schmieding Deutschland 1998 als „kranken Mann Europas“ bezeichnete und damit die Wahrnehmung im In- und Ausland auf den Punkt brachte. Aktuell steckt das Land wieder im Stimmungstief, aus dem es die künftige Regierung mit einem Investitionspaket ungeahnten Aus- maßes herauskatapultieren möchte. Ein guter Zeitpunkt also, noch einmal bei Schmieding nachzufragen. Der Chefvolks- wirt der Privatbank Berenberg sieht Deutschland heute in einer deutlich bes- seren Ausgangslage. Im Interview mit FONDS professionell erklärt er, worauf es jetzt ankommt – und warum die wirt- schaftlichen Erfolge von Donald Trump von kurzer Dauer sein könnten. Herr Schmieding, immer mehr Menschen haben das Gefühl, dass Deutschland wirt- schaftlich abgehängt wird. Geht es Ihnen auch so? Holger Schmieding: Deutschland kommt von einer sehr guten Ausgangsposition und ist in puncto Staatshaushalt oder Arbeitsmarkt viel besser aufgestellt als die meisten westlichen Industrieländer. Aber klar, die jüngste Entwicklung geht in die falsche Richtung. Mit den richtigen Maß- nahmen können wir das Land aber rasch wieder auf Erfolgskurs bringen. Dass die Stimmung vor den Wahlen so schlecht war, erhöht hoffentlich die Bereitschaft zu echten Reformen. Die Poleposition in der Weltwirtschaft ha- ben die USA, und Donald Trump möchte den Vorsprung auch auf Kosten anderer rücksichtslos weiter ausbauen. Wird ihm das gelingen? Ich erwarte, dass sich die US-Wirtschaft in den nächsten zwei Jahren zunächst einmal recht robust entwickeln wird. Die Steuer- senkungen und auch die Deregulierung sind kurzfristig gut für die Konjunktur – auch wenn zu viel Deregulierung lang- fristig Schäden anrichten kann. Der andere Teil des Trump-Programms – höhere Zölle und weniger Einwanderung – wird sich aber in höheren Preisen und auf Dauer auch in geringerem Trendwachstum nie- derschlagen. Das Wachstumsmodell der USA basiert auf freiem Handel und Zu- wanderung. Wenn die Politik das ändert, schwächt sie den langfristigen Wachstums- trend. Der selbst unter Republikanern umstrittene neue US-Haushaltsentwurf öffnet denWeg zu einem weiteren massiven Anstieg der Verschuldung. Ist das wirklich „no pro- blem“? Das ist durchaus ein Problem: Das Staats- de zit wird sich nicht einfach durch höhe- „Genau das Programm , das Deutschland braucht“ » Kryptowährungen sind aus Anlegersicht noch nicht über den Status von Spielgeld hinaus. « Holger Schmieding, Berenberg MARKT & STRATEGIE Holger Schmieding | Berenberg 128 fondsprofessionell.de 1/2025

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