FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2025

Allein in den Industrieländern nden sich rund 3.500 liquide Aktien. Daraus ein attraktives Portfolio zusammenzustellen, ist eine sehr komplexe Angelegenheit.Das Ziel muss sein, die lohnenden Wetten einzu- gehen, zugleich aber unbezahlte Risiken zu meiden. Wenn man sich die akademische Forschung im Quant-Bereich anschaut, beschäftigen sich vermutlich 80 Prozent der Studien mit Signalen, aber nur 20 Prozent mit der Portfoliokonstruktion. Dabei können Sie meiner Meinung nach mit der Portfoliokonstruktion einen deutlich hö- herenMehrwert generieren als über die Sig- nale. Ich ziehe gern einen Vergleich zum Kochen. Bitte? Na ja, ein guter Koch kann auch aus mit- telmäßigen Zutaten ein leckeres Essen zu- bereiten. Aber ein miserabler Koch wird selbst mit den besten Zutaten der Welt nichts Genießbares hinbekommen. Was hilft ihm das tollste Himalaya-Salz, wenn er keine Vorstellung davon hat, wie er es dosieren sollte? Das war die Research-Seite. Sie erwähnten außerdem das Portfoliomanagement. Genau. Dort arbeiten zum einen die Kolle- gen, die die Erkenntnisse aus demResearch in der Praxis umsetzen. Das reicht von der Aufgabe der Orders bis hin zu eher techni- schen Details, beispielsweise wenn es darum geht, eine Kapitalmaßnahme wie einen Aktiensplit in den Portfolios abzubilden. Zum anderen gibt es die Kollegen, die un- seren institutionellen Kunden die Strate- gien erläutern und nach ihren Wünschen anpassen. Das ist das Schöne an einem quantitativen Prozess: Ich kann an vielen Stellschrauben drehen. Im Ergebnis erhält der Kunde ein mitunter sehr individuell strukturiertes Mandat. Die Arbeit eines Portfoliomanagers bei uns unterscheidet sich daher deutlich von der eines funda- mental ausgerichteten Fondsmanagers. Es klang schon mehrfach durch, dass Ihr Steckenpferd das quantitative Portfolio- management ist. Doch ganz leicht fällt die Abgrenzung nicht: Einerseits werden die wenigsten klassischen Fondsmanager von sich behaupten, komplett unsystematisch vorzugehen. Andererseits finden sich auch bei den regelgebundenen Strategien Bei- spiele, bei denen der Manager im Zweifel eben doch händisch eingreift. Wie ist das bei Ihnen? Hinterfragen Sie das Ergebnis des Algorithmus gar nicht, sondern setzen es nur um? An dieser Stelle kommt ein Punkt zum Tragen, der uns von zahlreichen Quant-Ma- nagern unterscheidet. Viele Mitbewerber untersuchen, welche Variablen offensicht- lich einen Ein uss auf den Aktienkurs haben. Wenn sie ein Signal nden, das scheinbar einen Mehrwert liefert, berück- sichtigen sie es in ihrem Anlageprozess. Uns dagegen ist wichtig, das ökonomische Kalkül dahinter zu verstehen.Wir sind bei der Generierung der Signale gewisserma- ßen sehr fundamental orientiert. Ein gutes Beispiel sind Daten von Zahlungsdienst- leistern wie Kreditkartenanbietern. Solche Daten, heruntergebrochen auf einzelne Unternehmen, bekommen Sie von spezia- lisierten Anbietern mittlerweile mit nur einem Tag Verzögerung. Sie können also » Ein guter Koch kann auch aus mittelmäßi- gen Zutaten ein lecke- res Essen zubereiten. Aber ein miserabler Koch wird selbst mit den besten Zutaten nichts Genießbares hinbekommen. « Erhard Radatz, Invesco FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT fondsprofessionell.de 1/2025 159

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