FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2025

Freier Zugang Am 28. Juni tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft. Es soll Menschen mit Einschränkungen das Leben erleichtern. Die Vor- gaben sind komplex: Finanzdienstleister sollten sich jetzt vorbereiten. W er in jungen Jahren einmal in einen Alterssimulationsanzug gestiegen ist, hat am eigenen Leib erfahren, mit wel- chen Schwierigkeiten so mancher 80-Jähri- ge zu kämpfen hat. Jede Treppe wird zum Problem. Statt klarer Farben und scharfer Kontraste erscheinen beim Blick auf den PC-Bildschirm nur noch Grauschleier.Und der Fernsehkrimi macht keinen Spaß mehr, weil er akustisch nicht zu verstehen ist. Schnell zeigt sich: Alt werden ist nichts für Feiglinge. Ab dem Sommer soll ein neues Gesetz alten Menschen, solchen mit Behinderun- gen, mit dauerhaften oder vorübergehen- den Einschränkungen das Leben deutlich erleichtern. Das Barrierefreiheitsstärkungs- gesetz (BFSG) tritt am 28. Juni 2025 in Kraft. Von da an müssen Unternehmen dafür Sorge tragen, dass die von ihnen angebotenen Produkte und Dienstleistun- gen jedem Verbraucher zugänglich sind, ohne dass dafür Barrieren irgendeiner Art überwunden werden müssen. Die Idee hinter dem BFSG ist natürlich gut. Doch das Barrierefreiheitsstärkungs- gesetz bringt für Banken, Versicherer, Ver- mögensverwalter sowie für viele Finanz- berater und Versicherungsmakler nicht nur einen hohen technischen und nanziellen Aufwand mit sich. Es stellt sie auch vor Fragen, die zum Teil nicht leicht zu beant- worten sind. Und wer ab Juli den neuen Vorschriften nicht nachkommt, dem dro- hen im schlimmsten Fall eine abgeschaltete Website und ein saftiges Bußgeld. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz setzt die europäische Richtlinie (EU) 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen in deut- sches Recht um. Mit dem BFSG werden zum ersten Mal private Wirtschaftsakteure dazu verp ichtet, Barrierefreiheitsanforde- rungen einzuhalten, wenn ihre Produkte oder Dienstleistungen in den Anwendungs- bereich des Gesetzes fallen. Für welche Dienstleister das Regelwerk Wirkung entfaltet, regelt Paragraf 1 Absatz 3 BSFG. Dort sind Bankdienstleistungen aufgeführt, Finanzdienstleistungen hinge- gen nicht. Das bedeutet allerdings nicht, dass Versicherer,Vermögensverwalter, Finanz- berater und Versicherungsvermittler damit aus dem Schneider sind. Finanzdienstleister betroffen „Das BFSG betri t nicht nur bestimmte Bankdienstleistungen im herkömmlichen Sprachgebrauch, sondern umfasst im wei- teren Sinne auch andere Finanzdienstleis- tungen für Verbraucher“, erklärt Jan-Henrik Ellinghaus, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Taylor Wessing in München. „Eine Bank- oder Finanzdienstleistung schließt nach diesem Verständnis auch Vermittlungstätig- keiten mit ein“, sagt Ellinghaus. „Insbeson- dere freie Fonds- und Versicherungsvermitt- ler fallen grundsätzlich in den Regelungs- bereich des BFSG“, so der Jurist. Ohnehin gilt: Schon Unternehmen, die auf ihrer Website die Möglichkeit vorsehen, online einen Termin zu buchen, sind von dem neuen Gesetz betro en. Denn bereits in diesem Fall erbringen sie „Dienstleistun- gen im elektronischen Geschäftsverkehr“, die in Paragraf 1 Absatz 3 BFSG genannt sind. Finanzdienstleister, die auf ihren Web- sites etwa Antragsformulare vorhalten oder Bestimmte motorische Einschrän- kungen verhindern, dass eine Web- site per Maus angesteuert werden kann. Das Barrierefreiheitsstärkungs- gesetz sieht daher vor, dass es auch andere Möglichkeiten geben muss. STEUER & RECHT Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 418 fondsprofessionell.de 1/2025 FOTO: © CULTURA CREATIVE | STOCK.ADOBE.COM

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