FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2025
gar Onlineberatung anbieten, haben den neuen P ichten zur Barrierefreiheit de ni- tiv nachzukommen. Allerdings sieht das BFSG eine Ausnah- me vor: Kleinstunternehmen, die weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigen und gleichzeitig entweder einen Jahresumsatz von höchstens zwei Millionen Euro erzie- len oder eine Jahresbilanzsumme von ma- ximal zwei Millionen Euro verzeichnen, sind vom Gesetz ausgenommen. „Aber da fangen die Fragen ja schon an“, sagt Christian Roch, geschäftsführender Gesellschafter des Vermögensverwalters Rheinische Portfolio Management aus Köln. „Was ist denn, wenn eine Firma zum Beispiel 18 Beschäftigte zählt, die alle nur zu 50 Prozent arbeiten?“, überlegt er. Diese Frage hat Roch der Bundesfachstelle Barrierefreiheit gestellt. Die Antwort: Wer innerhalb eines Jahres immer einer Vollzeit- beschäftigung nachgegangen ist, zählt als ein Mitarbeiter. Beschäftigte, die in Teilzeit arbeiten, ießen prozentual in die Mitarbei- terzahl ein. Vier Hauptkriterien Finanzdienstleister, die die Vorschriften des Regelwerks ab Ende Juni erfüllen müs- sen, haben nun viel zu tun. „Die Anforde- rungen an die Gestaltung einer barrierefrei- en Webseite nach Maßgabe des BFSG sind breit gefächert und komplex“, sagt Jurist Ellinghaus.Die EU-Richtlinie und das deut- sche Gesetz fußen auf den internationalen Richtlinien der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und der europäischen Norm EN 301 549. Aus Hunderten Vor- gaben haben sich vier Hauptkriterien her- ausgebildet, die eine barrierefreie Webseite erfüllen muss: Sie muss wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein. „Für die Wahrnehmbarkeit einer Web- seite kommt es darauf an, dass der Inhalt jedemNutzer zugänglich ist“, erklärt Elling- haus. Zentral ist hier das Zwei-Kanal-Prin- zip. So haben Finanzdienstleister etwa Sor- ge dafür zu tragen, dass visueller Content wie Text, Bilder oder Gra ken mithilfe eines Screenreaders immer auch akustisch wahrzunehmen ist. Die Bedienbarkeit einer Webseite setzt voraus, dass alle Interaktionen auch für Nutzer mit motorischen Einschränkungen möglich sein müssen. Bietet etwa ein Ver- sicherungsvermittler die Funktion einer Onlineterminvereinbarung an, die sich aus- schließlich über ein Dropdown-Menü per Mausklick ansteuern lässt, so kann das für Interessenten mit motorischen Störungen zum Problem werden. Daher muss die Website auch per Tastatur navigierbar sein. Klare Informationen „Verständlich ist eine Webseite, wenn Informationen klar und nachvollziehbar sind“, erklärt Ellinghaus. Gerade für Finanz- dienstleister ist es daher wichtig, eine einfa- che, prägnante Sprache zu wählen, Fach- wörter und komplizierte Formulierungen wegzulassen oder zu erläutern. „Robustheit bedeutet, dass eine Website mit verschiede- nen Geräten und Technologien kompati- bel sein muss“, sagt Ellinghaus. Dazu zählt etwa die Unterstützung durch Hilfsmittel wie Screenreader oder Sprachsteuerungen. So muss etwa gewährleistet sein, dass die Homepage maschinell für den Screen- reader eines Besuchers mit Sehbehinde- rung auch tatsächlich lesbar ist. „Natürlich hat das alles seine Berechti- gung“, ndet Christian Roch. „Aber die praktische Umsetzung der Vorschriften des BFSG ist schwierig, aufwendig und teuer“, sagt er. „Man muss sich ja nur einmal vor Augen führen, dass man künftig sogar für jedes Bild eines Geschäftsführers einen Text vorhalten muss, der erklärt, wer auf dem Foto zu sehen ist“, gibt Roch zu bedenken. Wer Videoberatung anbietet, muss dafür sorgen, dass das gesamte Gespräch zusätz- lich in Textform erscheint, damit der Inhalt auch für Kunden mit eingeschränktem Gehör verständlich ist. „Und wie soll man denn eigentlich wissen, ob Texte auf der Website oder Erklärungen in Telefongesprä- chen inhaltlich wirklich für jeden verständ- lich sind?“, fragt Roch. Was heißt schon verständlich? Das ist tatsächlich nicht leicht zu beurtei- len. Hinsichtlich der Verständlichkeit sieht Paragraf 17 BFSG für Banken und Finanz- dienstleister sogar besonders strenge P ich- ten vor. Sie müssen gewährleisten, dass die Informationen zur Funktionsweise ihrer Dienstleistungen für Verbraucher den Schwierigkeitsgrad des Sprachniveaus B2 nicht überschreiten. Die verschiedenen Ni- veaustufen sind im „Gemeinsamen euro- päischen Referenzrahmen für Sprachen“ des Europarates de niert. Dem Niveau B2 werden Personen zugeordnet, die in der Lage sind, die wesentlichen Inhalte kom- plexer Texte zu „konkreten und abstrakten Themen“zu verstehen, sich ießend zu ver- ständigen und im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen zu führen. » Die praktische Umsetzung der Vorschriften des BFSG ist schwierig, aufwendig und teuer. « Christian Roch, Rheinische Portfolio Management fondsprofessionell.de 1/2025 419 FOTO: © GUNTMAR FRITZ I RP RHEINISCHE PORTFOLIO MANAGEMENT.
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