FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2025

In der Praxis hilft diese De nition nicht viel weiter. Daher kann es leicht passieren, dass Finanzdienstleister mit ihren Informa- tionen das Sprachniveau B2 überschreiten. Schließlich sind die Inhalte häu g so kom- plex, dass selbst Verbraucher ohne Ein- schränkungen Schwierigkeiten haben, sie zu verstehen. Eine Erklärung zur Funktions- weise einer Indexpolice „in einfach“ ist schwer vorstellbar. Zu einem Verstoß gegen die Vorgaben des BFSG kann es damit schnell und völlig unabsichtlich kommen. Behördliche Kontrolle Ob Wirtschaftsakteure die neuen P ich- ten auch einhalten, kontrollieren künftig die Marktüberwachungsbehörden der Bundesländer. Hat eine Behörde Grund zur Annahme, dass eine Dienstleistung die Barrierefreiheitsanforderungen nicht erfüllt, prüft sie zunächst, ob dies tatsächlich der Fall ist. Kommt sie zu dem Schluss, dass die Annahme richtig war, fordert sie das betref- fende Unternehmen maximal zweimal auf, das Problem zu beseitigen. Geschieht dies nicht, kann die Marktaufsichtsbehörde Maßnahmen ergreifen, die bis zur komplet- ten Abschaltung einer Website reichen. Zu- dem kann sie P ichtverstöße mit Bußgel- dern von bis zu 100.000 Euro ahnden. Falk von Boehn, Leiter der Personalent- wicklung beimHamburger Vermögensver- walter Hövelrat Holding, erinnert daran, dass nicht zuletzt auch die Mitarbeiter in Sachen Barrierefreiheit geschult werden müssen. Doch er nimmt das neue Gesetz ganz gelassen. „Wir haben bereits erste Schritte unternommen, zum Beispiel Alter- nativtexte zu Bildern und Videos erstellt“, berichtet von Boehn. In Kürze sollen die Screenreader-Kompatibilität und die Bedie- nung der Webseite über die Tastatur ge- prüft werden. Für Hövelrat sei der Auf- wand überschaubar, ndet von Boehn. Er kann dem BFSG auch durchaus etwas abgewinnen. „Das Gesetz soll dazu führen, die Lebensqualität von Menschen mit Einschränkungen zu verbessern, und ich ho e, dass damit ein weiterer Schritt in eine barrierefreie Gesellschaft gelingt“, sagt von Boehn. Sollte das der Fall sein, könn- ten Finanzdienstleister künftig auch Kun- den perfekt betreuen, die etwa beim Blick auf den Bildschirm nur Grautöne sehen oder den Krimi im Fernsehen akustisch nicht verstehen. ANDREA MARTENS FP » Ich hoffe, dass ein weiterer Schritt in eine barrierefreie Gesellschaft gelingt. « Falk von Boehn, Hövelrat Holding Schritt für Schritt: 5 Tipps für die Umsetzung der neuen Vorgaben 1 Verpflichtung checken: Vermögensverwal- ter, Finanzberater und Versicherungsvermittler sollten zunächst prüfen, ob sie unter den Anwen- dungsbereich des Barrierefreiheitsstärkungs- gesetzes (BFSG) fallen. Finanz- und Versiche- rungsdienstleistungen sind durch das neue Ge- setz nicht explizit erfasst, doch das BFSG gilt auch für sie. Wer auf seiner Website auch nur eine Ter- minbuchungsfunktion anbietet, ist ohnehin dazu verpflichtet, den neuen Vorschriften nachzu- kommen. Ausgenommen sind Unternehmen, die weniger als zehn Personen beschäftigen und ent- weder einen Jahresumsatz von höchstens zwei Millionen Euro erzielen oder eine Bilanzsumme von höchstens zwei Millionen Euro aufweisen. 2 Ist-Zustand analysieren: Firmen, für die die Vorgaben des BFSG gelten, sollten ihre Dienstleistungen und ihre digitalen Angebote auf mögliche Barrieren überprüfen. Dies kann durch interne Bewertungen, Nutzerbefragungen oder die Zusammenarbeit mit Experten für Barrierefreiheit geschehen. Eine gute Hilfestellung bei allen Fragen rund um das neue Gesetz bieten Online- plattformen wie Digitale-Barrierefreiheit.info. Dort können Unternehmen auch überprüfen lassen, ob ihre Website bereits barrierefrei ist oder nicht. Unterstützung bieten zudem die meisten Indus- trie- und Handelskammern. 3 Website technisch anpassen: Viele digi- tale Angebote müssen technisch angepasst werden. Dazu gehört an erster Stelle die Website. Die Anpassung muss gemäß den Richtlinien der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und der europäischen Norm EN 301 549 erfolgen. Die Umsetzung ist kompliziert und aufwendig. Finanz- dienstleister sollten sich dabei von einem erfah- renen Webmaster betreuen lassen und besser keine Kosten scheuen. 4 Texte vereinfachen: Alle bereitgestellten Informationen müssen leicht verständlich sein. Unternehmen sollten daher die gesamte Kommunikation vereinfachen und zu jedem Text eine Variante in leicht verständlicher Sprache als zusätzliches Angebot bereithalten. 5 Kunden befragen: Um sicherzustellen, dass die getroffenen Maßnahmen zur Barriere- freiheit auch effektiv sind, sollten Vermögensver- walter, Vermittler und Berater in regelmäßigen Abständen das Feedback ihrer Kunden einholen. Nur so können sie etwa auch prüfen, inwieweit ihre Kommunikation für die Klientel verständlich ist. Barrierefreiheit sollte kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess sein. Quelle:Capito,FONDSprofessionellRecherchen STEUER & RECHT Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 420 fondsprofessionell.de 1/2025 FOTO: © HÖVELRAT HOLDING

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