SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 2025
Göbel: Bei Privatanlegern ist die Risiko- neigung nicht so stark ausgeprägt. Wenn sie in erneuerbare Energien investieren, wollen sie in der Regel sichere Einnahmen. Daher möchte die Mehrzahl kein Projekt- entwicklungsrisiko auf sich nehmen, schon gar nicht im Ausland. Im institutionellen Bereich sehe ich da eine andere Bereit- schaft. Yakhlou : Ich würde nicht sagen, dass Pro- jektentwicklungen bei Privatanlegern kom- plett außen vor sind. Das hängt aber auch davon ab, ob es sich um Frühphasen- oder Ready-to-build-Projekte handelt und wie gut sich die jeweiligen Anbieter mit dieser Thematik auskennen. Müller: Wer frühzeitig in die Projektent- wicklung investieren kann, sollte nicht in ein oder zwei Projekte gehen, sondern diversi ziert investieren, natürlich mit Fondsmanagern, die vor Ort sind und die Expertise haben. Darüber kann man dann insgesamt schon eine deutlich höhere Ren- dite erwirtschaften. Welther: Wie gehen Sie denn aus Analysten- perspektive mit dem unterschiedlichen Risiko von Projektentwicklungen und Bestandsanlagen um? Welche Rolle spielt das bei der Bewertung? Yakhlou : Für uns ist natürlich entschei- dend, wo die Projekte statt nden. Dabei geht es auch um die Einschätzung des ge- nerellen regulatorischen Umfelds und der politischen Stabilität. Wir sehen uns den Fremdkapitaleinsatz und den Leverage an, wobei wir nicht sagen, dass es da feste Grenzen gibt. Ganz wichtig ist, dass der Fondsmanager bereits bewiesen hat, Projek- te erfolgreich umsetzen und die Rendite realisieren zu können. Energieprojekte sehen einfach aus, weil man die Risiken nicht sieht, die dahinter stehen. Endlweber: Bewerten Sie den Standort Deutschland denn positiv oder nicht? Yakhlou : Ich zitiere einen Portfoliomana- ger: „In gewisser Weise ja.“ Wir bewerten Deutschland positiver als manch andere Region, ich denke da beispielsweise an Spanien. Es ist ganz wichtig, dass in dieser neuen Anlageklasse alle Anbieter gute Er- gebnisse liefern.Ho entlich kommt es nicht zu Liquidationen, wie wir sie teilweise lei- der im Immobilienmarkt gesehen haben. Endlweber: Während Sie sagen, dass die erneuerbare Energie schon sehr günstig ist, klagt dieWirtschaft über zu hohe Ener- giekosten. Wie kann das angehen? Voigt: Der Energiepreis hängt einerseits vom Börsenstrompreis und andererseits von den Netzkosten ab. In Frankreich zahlt der Staat die Netzinfrastruktur und die Netzumlage liegt nahezu bei null,während in Deutschland die Verbraucher den Aus- bau der Infrastruktur zahlen. Dafür gibt es in Frankreich aber eine Autobahnmaut und in Deutschland nicht. Es wäre also gut, künftig wenigstens einen Teil der Finanzie- rung des notwendigen Netzausbaus in Deutschland aus dem Staatshaushalt zu bewerkstelligen. Das würde die Akzeptanz der Erneuerbaren und die Lenkungswir- kung noch mehr erhöhen. Müller: Nachdem Gas in Deutschland teuer geworden ist, hat man bei erneuerba- ren Energien einen deutlichen Preisvorteil. Aber: Auch wenn jedes Jahr zehn bis 20 Gigawatt zugebaut werden, benötigt man immer noch Gaskraftwerke, umwegen der fehlenden Grundlastfähigkeit die Strom- sicherheit zu gewährleisten. Welther: Eine Kehrseite des enormen Aus- baus erneuerbarer Energien sind negative » Erneuerbare Energie ist heute schon so bedeutend, dass sie überhaupt nicht mehr wegzudenken ist. « Jürgen Göbel Euramco Seine Karriere begann Bankkaufmann und Betriebswirt Jürgen Göbel im Bank- und Finanzierungsgeschäft. Im Jahr 2008 wurde er Geschäftsführer der Euramco-Gruppe, die seit 1999 Real Assets managt. FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH fondsprofessionell.de 2/2025 19
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