SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 2025
Anfang des Jahres verö entlichte die europäische Marktaufsicht ESMA erstmals einen Bericht zum Crowdfunding-Markt in der EU. Er ist per Ende 2023 mit 1,6 Millionen Anlegern und einer Milliarde Euro investiertem Kapital im gesamten Kapitalmarkt bedeutungslos. Auf Deutsch- land entfällt nicht einmal ein Zehntel dieses Volumens. Über den gesamten Markt hin- weg lag der durchschnittliche Investitions- betrag eines Kleinanlegers bei 590 Euro, während im Sinne des EU-Rechts „kundi- ge“ Anleger 990 Euro und professionelle Anleger 4.200 Euro investierten. Mit so geringen Beträgen lassen sich die Produkt-, Marketing- und Verwaltungs- kosten schwer erwirtschaften. Außerdem wurden die hohen Ausfallrisiken bei un- zähligen Crowdinvestments, die oft keine professionellen Standards erfüllten, Realität. Die Folgen sind Verluste für die Anleger und ein Imageverlust des Crowdkapitals. Tote Token Das Blockchain-Thema, das kurz auf- ackerte, konnte sich ebenfalls nicht halten. Die Idee, Sachwertinvestments in Token zu verpacken und einfach, kostengünstig und rund um die Uhr verfügbar auf der Block- chain zu platzieren, hat Charme. Und die Tokenisierung war technologisch inter- essant, aber wirtschaftlich unreif und am Markt nicht durchsetzbar. Gründe dafür sind unter anderem mangelnde Interope- rabilität, hohe Transaktionskosten auf der Blockchain, geringe Nachfrage durch klas- sische Anleger und letztlich der fehlende anbieterübergreifende Zweitmarkt. Aktuell ist das Thema nur für Nischen- investments oder Pilotprojekte relevant, be- stätigt Bitkom-Referent Konrad Greilich: „Der Hype ist abgeebbt, weil zunächst Infrastruktur und regulatorische Sicherheit gefehlt haben. Inzwischen wurde einerseits im Hintergrund die technische Infrastruk- tur gescha en, andererseits ist seit 2024 die EU-Richtlinie MiCAR vollständig anwend- bar,mit der es einen einheitlichen Regulie- rungsrahmen für den Kryptomarkt gibt.“ Tatsächlich nimmt das Angebot an digita- len Währungen (Stablecoins) in Deutsch- land zu. Für blockchainbasierte Sachwert- Token interessiert sich aber kaum jemand. Hohe User-Erwartungen Die Bitkom-Studie könnte für die über- fällige Digitalisierung des Sachwertvertriebs ein Wegweiser sein. Die Anleger schätzen die Flexibilität des Internets und sind durch Onlineangebote häu ger bereit, sich mit Geldanlagen zu beschäftigen. Die Erwar- tungen an Onlinebroker – zum Beispiel höhere Zinsen auf Tagesgeld, niedrigere Gebühren, Echtzeitmarktdaten und eine breite Palette an Anlageprodukten – spre- chen eine klare Sprache. Zugleich wün- schen sich die Kunden Transparenz und Vergleichbarkeit der Angebote. Das ist beim Publikums-AIF und insbesondere beim ELTIF ein wunder Punkt, da die Pro- dukte in der Ausgestaltung relativ komplex sind. Auch in der Produktaufbereitung be- steht Verbesserungspotenzial.Dazu Efonds- Geschäftsführer Jürgen Singer: „Per heute kann kein ELTIF vollumfänglich digital abgewickelt werden. Ein Grund dafür ist, dass die Vielfältigkeit der Rückgabemög- lichkeiten die technische Abbildung der Produkte schwer macht.“ Die in 25 Ländern durchgeführte Studie „Decoding Digital Investment“ des Ver- mögensverwalters Amundi ergab, dass die User das Internet nicht nur zu Informa- tionszwecken nutzen. Auch die Beratung wird gefordert. Fast dreimal so viele Anle- ger, die sich persönlich oder eben online beraten lassen, haben einen strukturierten Anlageplan erstellt, heißt es. Trippelschritte Von einem vollständig digitalen Ver- triebsmodell ist die Sachwertebranche je- doch weit entfernt. Zwar haben die klas- sischen Anbieter wie zum Beispiel die AIF- Emittenten mit der Digitalisierung begon- nen – aber meist prozessbezogen, nicht disruptiv. Ein hybrider Vertrieb, der die digitale E zienz mit persönlicher Bera- tung kombiniert, hat sich ebenfalls noch nicht durchgesetzt. „Die digitale Beratung ndet in unserem Markt nur rudimentär statt, was auch daran liegt, dass die Sachwerte bei Finanz- dienstleistern nur eine untergeordnete Rol- le spielen und dass der AIF in den vorhan- denen CRM-Systemen nicht ausreichend » Es fehlten Infrastruktur und regulatorische Sicherheit. « Konrad Greilich Bitkom » Die digitale Beratung findet nur rudimentär statt. « Jürgen Singer Efonds fondsprofessionell.de 2/2025 71 FOTOS: © BITKOM, NIKOLA HAUBNER | EFONDS
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