FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2025
Das gilt aber ausdrücklich nicht für jene Fonds, die „ESG“ oder „nachhaltig“ im Namen tragen, wie die DWS betont. Da sollen sich die Kunden weiter auf einen Rüstungsverzicht verlassen können. Rund um die Anpassung gab es einen Aufschrei, weil der Eindruck entstand, die DWS lasse auch bei ESG-Fonds die Mauern fallen. Artikel-8-Fonds werden oft als „hellgrüne“ Produkte bezeichnet und mit ESG-Pro- dukten gleichgesetzt. Es ist nicht leicht, im Dschungel der Begri ichkeiten den Durch- blick zu bewahren. Eine Portion Beliebigkeit schwingt im Nachhaltigkeitssektor ohnehin immer mit. Jüngstes Beispiel: der CAC 40 ESG Index, der französische Großkonzerne enthält. Nach einem Wechsel der Ratingagentur wären im März zahlreiche Titel herausge- fallen, darunter Airbus, Safran und Thales, wie französische Medien aus Insiderquellen berichteten. Nach Protesten nahm der Indexanbieter die Titel wieder auf. Nun wird bis Juni die Methodik „verfeinert“. Irritation über „New ESG“ Die Geschichte ging noch weiter – und gipfelte vorerst in einer eher provokanten Aktion. Initiiert wird der Index von Euro- next. Der Börsenverbund will zum Hub für Rüstungsinvestitionen werden und stellte imMai eine Reihe von Maßnahmen vor. Dazu gehört die Erleichterung von Börsengängen und Anleihenemissionen im Verteidigungssektor, und es kommen neue Indizes für E nergie, S icherheit und G eostrategie, die Grundlage für Invest- mentprodukte sein können. Schön und gut. Doch Euronext preist das als „New ESG“ an. Die Nachhaltigkeits-Community war irritiert vom „Kapern“ des etablierten Begri%s. Zudem empfahl Euronext den Ratingagenturen, anknüpfend an die dro- henden Ausschlüsse imCAC 40 ESG, doch ihre Rüstungskriterien zu lockern. Das kam ebenfalls nicht gut an. Ratingspezia- listen, die seit Langem an ESG-Maßstäben feilen, werden eher ungern zu Empfängern von Ratschlägen aus der „konventionellen Ecke“. Mit der ungeschickten Kommuni- kation hat sich Euronext womöglich aus einer wichtigen Debatte geschossen. Denn grundsätzlich gibt es zur Frage „Erlaubt oder nicht?“ noch viel zu besprechen. Kontrovers oder geächtet? Wenn zum Beispiel ein Anbieter „kon- troverse Wa%en“ ausschließt, ist das nicht dasselbe wie „geächtete Wa%en“. Geächtet heißt, es liegt ein völkerrechtlicher Vertrag vor, etwa die Antipersonenminen-Ächtung in der Ottawa-Konvention. Was „kontro- vers“ bedeutet, ist hingegen weniger klar. „Ratingagenturen stufen das teils unter- schiedlich ein“, sagt Roland Kölsch, mitver- antwortlich für das FNG-Siegel. Nicht alle betrachteten etwa die Atombombe oder den extrem gefährlichen weißen Phosphor als kontrovers. Warum? In der EU-Finanz- regulierung gebe es momentan nur vier ausdrücklich umstrittene Wa%engattungen, so Kölsch: Antipersonenminen, Streumuni- tion sowie chemische und biologische Wa%en – zu nden in den PAIs (Principal Adverse Impacts) aus der EU-O%enlegungs- verordnung. Auch in den Fondsnamen- regeln der EU-Wertpapieraufsicht ESMA, die seit 21.Mai voll gelten, kommen sie in- direkt vor. Laut ESMA-Leitlinien müssen Produkte, die Termini wie „sozial“, „grün“, „Impact“, „ESG“ oder „nachhaltig“ enthal- ten, zu mindestens 80 Prozent auch so ver- anlagt sein. Für 20 Prozent gibt es einen „Freifahrtschein“ – also auch für Rüstung, nur „kontroverse“ Wa%en sind tabu. In einem Q&A konkretisiert die ESMA: Mit „kontrovers“meint sie die vier in den PAIs genannten Wa%entypen. Euronext zählt nun zu jenen, die argumentieren, Atom- wa%en und weißer Phosphor seien da nicht enthalten. Die ESG-Ratingagenturen sollten sich daher auf die Wa%en beschrän- ken, die völkerrechtlich geächtet sind. Investierbar bleiben Meist wälzen Fondsanbieter aber weni- ger diese „expliziten“ Überlegungen in Richtung Atombombe. Die österreichische Kepler KAG hat etwa bei den Staaten die erlaubten Schwellen für Militärbudgets in ihren Ethikfonds von zwei auf drei Prozent angehoben, erklärt ESG-Chef Martin Hauer. Mit Blick auf das Nato-Ziel, die Militäraus- gaben auf drei bis 3,5 Prozent des BIPs an- zuheben, wird man diesen Schritt wohl noch öfter sehen. Schließlich gehören die wichtigen westlichen Demokratien der Na- to an, wären aber in solchen Fonds nicht investierbar. Bei einigen Artikel-8-Produk- ten ohne ESG-spezi sche Fondsnamen hat Kepler die Rüstungsausschlusskriterien für Staaten gestrichen. Bei den Unternehmen könnte das Ausschlusskriterium „Rüstungs- güter“ (ab zehn Prozent Umsatzteil) ebenso fallen, angelehnt an das Zielmarktkonzept der deutschen Branchenverbände. Eine Trennlinie bleibt aber, betont Hauer: „Bei Ethikfonds ist den Anlegern klar, dass hier Rüstungsinvestments außen vor sind.“ EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Bei Ethikfonds ist den Anlegern klar, dass hier Rüstungsinvestments außen vor sind. « Florian Hauer, Kepler KAG MARKT & STRATEGIE Rüstungsinvestments 116 fondsprofessionell.de 2/2025 FOTO: © ERWIN WIMMER | KEPLER
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