FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2025

Welche Strategien hätten Sie bevorzugt? Etwa steuerliche Maßnahmen oder auch eine Investitionsförderung. Der In ation Reduction Act hat sehr viel mehr für die Mittelschicht erreicht, als Trump wahrha- ben will. Allerdings hat der In ationsschub die Gewinne der Arbeitnehmer ausradiert. Das sollte allen Politikern eine Lehre sein. Auch Trumps Agenda wird zu In ation führen und noch sehr viel mehr Probleme für die US-Mittelschicht schaffen. Wasmüssten die Europäer bessermachen, um nicht weiter wirtschaftlich und macht- politisch abgehängt zu werden? Es gibt einige besonders kritische Bereiche wie Energie, Technologie und Finanzen. Gerade imHinblick auf die Kapitalmärkte könnte sich Europa viel stärker als Alter- native zu den USA positionieren. Wenn der Dollar kein sicherer Hafen mehr ist, könnte man den Euro als Alternative auf- bauen. Dazu braucht man aber die Ban- ken- und die Kapitalmarktunion sowie einen tieferen Euro-Anleihenmarkt, den auch Emittenten aus anderen Währungs- räumen nutzen.Das müssen wir jetzt ange- hen, sonst verpassen wir eine Chance. Die EU-Wiederaufbauanleihen nach Corona waren ein erster Schritt zu Gemeinschafts- schulden … Ja, und am Markt kamen die sehr gut an. Die EU sollte entsprechend überlegen, Ver- teidigungsanleihen zu emittieren. Damit könnte man zum einen eine langfristige gemeinschaftliche Finanzierung der Vertei- digung sicherstellen und zudem den Euro- Kapitalmarkt unterstützen. Solche Projekte sollte man aber heute diskutieren, nicht erst in zwei Jahren. Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat sich schon vor dem Antritt große fiskalische Spielräume geschaffen. Glau- ben Sie, dass sie dieWeichen für künftiges Wachstum richtig stellt? Man muss Bundeskanzler Merz hoch an- rechnen, dass er sich an große Aufgaben wagt und hierfür die skalischen Bedin- gungen geschaffen hat. Die Schuldenbrem- se hat für Deutschland nicht funktioniert, wir sind nun im dritten Rezessionsjahr. Trotzdem steht uns nun kein Spaziergang bevor, dazu sind die Probleme und Aufga- ben zu groß – allen voran bei Infrastruktur und Energienetzen, Arbeitsmarkt und Demogra e. Zudem brauchen wir eine klare Vision für Europa und unsere Rolle in der Welt. Das alles braucht Zeit, aber ich glaube, Deutschland ist auf demWeg. Wo setzen Sie in der Anlagepolitik der Allianz gerade die Schwerpunkte? Im aktuellen Umfeld sind wir tatsächlich eher defensiv. Die Zinskurve bietet wieder sehr attraktive Möglichkeiten bei längeren Laufzeiten. Bei der Neuanlage bevorzugen wir Staatsanleihen und Covered Bonds. Bei Unternehmensanleihen legen wir beson- ders viel Wert auf Qualität und Selektivität. Offene Dollar-Positionen sichern wir ab. Bereiten Ihnen die Schuldentrends einiger Euro-Staaten Sorgen? Und macht es für Sie einen Unterschied, ob Sie in Bundes- anleihen oder französische Staatsanleihen investieren? Unter den Euro-Staaten bereitet mir Frank- reich tatsächlich am meisten Sorgen. Wir sehen kaum Fortschritte in Richtung eines ausgeglichenen Primärhaushalts vor Zins- kosten, und gleichzeitig bleibt das Wachs- tum gering. Aber eine Neuau age der Eurokrise von 2012 wird es nicht geben. Warum nicht? Weil die Europäische Zentralbank (EZB) im Notfall immer einspringen wird. Das wissen auch die Regierungen, und deshalb verspüren sie auch keinen Zwang, schmerz- hafte Sparmaßnahmen zu ergreifen.Wenn die Menschen nicht das Gefühl haben, dass es eine Krise gibt, sind sie auch nicht bereit, Opfer zu bringen. Frankreich ist in dieser » Die Anleihenmärkte sind so etwas wie die Tempelwächter der Marktwirtschaft. « Ludovic Subran, Allianz FOTO: © SEBASTIAN WIDMANN MARKT & STRATEGIE Ludovic Subran | Allianz 138 fondsprofessionell.de 2/2025

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