FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2025

wird entschieden darauf ankommen, wie die 50 Milliarden pro Jahr verwendet wer- den. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts haben sich das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland und Investitionen in Infra- struktur ziemlich parallel entwickelt – bis zu einem bestimmten Punkt. Nämlich? Etwa bis zur Wiedervereinigung. Bis dahin liefen die Entwicklungen etwa gleichförmig: Stieg das BIP an, stiegen auch die Investitio- nen in Infrastruktur. Aber ab dann ist das BIP jahrzehntelang angestiegen, während Infrastrukturinvestitionen etwa auf demsel- ben Niveau verharrten. Seit einigen Jahren sinkt das BIP, und wir be nden uns aktuell an dem historisch interessanten Punkt, an dem sich die Linien wieder kreuzen. Was bedeutet das für die Verabschiedung des Infrastrukturpakets? Wir müssen einen jahrzehntelangen Inves- titionsstau in der Infrastruktur aufholen. Es muss gelingen, nicht nur das BIP und die Infrastrukturinvestitionen wieder in Gleich- klang zu bringen, sondern wir müssen auch einen großen Rückstand aufholen. Wie kann das gelingen? Die jährlich 50 Milliarden müssen als He- bel verwendet werden. Es kann nicht sein – und der Koalitionsvertrag ist da noch viel zu schwammig formuliert –, dass einfach neue Schulen, neue Windkraftwerke und neue Solarparks davon direkt gebaut wer- den. Da wird das Geld de nitiv nicht weit reichen. Ich stelle dem mal folgende Zahl gegenüber: Auf den privaten Konten der deutschen Bürger liegen 2,8 Billionen Euro. Die Kunst wird also darin bestehen, die insgesamt 500 Milliarden, die vom Staat kommen, so zu hebeln, dass große Teile dieser 2,8 Billionen entfesselt werden. Da wird der Regulator gefragt sein, denn imMoment ist es noch viel einfacher und vorteilhafter, beispielsweise in italienische Staatsanleihen zu investieren als in deut- sche Infrastruktur. Welche Rolle wird da der viel beschworene Bürokratieabbau spielen müssen? Immobilien etwa müssen viel schneller gebaut werden können, da sind die Geneh- migungswege noch viel zu lang. Standards und Kosten müssten stark gesenkt werden. Dazu liegen zahlreiche Vorschläge bereits vor.Die eigentliche Lösung sehe ich jedoch in einem nanzpolitischen und aufsichts- rechtlichen Schwenk. Würden sich Exper- ten einen Tag lang einschließen, hätten sie bereits am Nachmittag die Lösung für viele unserer Probleme. Jetzt bin ich gespannt. Letztlich geht es um Themen wie Eigen- kapitalunterlegung oder Teilfreistellungen. Hier ist Deregulierung unbedingt nötig. Die bereits umgesetzte Fünf-Prozent-Quote in der Anlageverordnung für Infrastruktur- investments war schon mal eine sehr posi- tive Neuerung. Schauen Sie sich jedoch an, wie viel besser als in Deutschland sich der ELTIF bereits in Frankreich und Italien eta- bliert hat. Beide Länder haben es – wenn auch auf verschiedene Weise – verstanden, durch steuerliche Anreize insbesondere für langfristige Investments und regulatorische Rahmenbedingungen privates Kapital in Infrastrukturinvestments zu lotsen und zu- gleich die private Altersvorsorge zu fördern. Sie schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe und zeigen, wie es funktioniert, mit staat- lichem Geld privates zu entfesseln. Es ist eigentlich ganz einfach. Vielen Dank für das Gespräch. TILMAN WELTHER FP KURZ-VITA: Ludger Wibbeke Ludger Wibbeke ist Geschäftsführer für den Marktbereich der Hamburger Service-KVG Hansainvest. Sie administriert Investments in Immobilien, Private Equity / Venture Capital, erneuerbare Energien und Infrastruktur in Fonds für institu- tionelle und private Anleger in Deutschland und Luxemburg. Zuvor arbeitete der Jurist für Hauck & Aufhäuser, Sal. Oppenheim und die Nord LB. » Dann sind wir happy, der Fondspartner ist happy und die Bafin ist es auch. « Ludger Wibbeke, Hansainvest FOTO: © JOST FINK SACHWERTE Ludger Wibbeke | Hansainvest 212 fondsprofessionell.de 2/2025

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